Zukunftsfähige Migrationspolitik entwickeln

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, und Palermos Bürgermeister, Leoluca Orlando, haben sich für einen gemeinsamen Verteilmechanismus für Bootsflüchtlinge ausgesprochen. Eine Gruppe von EU-Staaten müsse als „Koalition der Willigen“ handeln und „eine zukunftsfähige Migrationspolitik entwickeln“.
Von PRO
Heinrich Bedford-Strohm appelliert an die europäischen Länder, Verantwortung in der Flüchtlingsfrage zu übernehmen

Europa braucht einen Verteilmechanismus für Menschen, die aus Seenot gerettetet wurden. Das Sterben im Mittelmeer müsse ein Ende haben. Dies fordern der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, und Palermos Bürgermeister Leoluca Orlando in einer gemeinsamen Erklärung: „Wir brauchen noch in diesem Sommer eine politische Notlösung“.

Eine Gruppe von EU-Staaten müsse als „Koalition der Willigen“ handeln und „eine zukunftsfähige Migrationspolitik entwickeln“. Bedford-Strohm ist derzeit in Sizilien, um sich dort über kirchliche und zivilgesellschaftliche Hilfsprojekte für Geflüchtete zu informieren. Die Initiative erfährt über die Parteigrenzen hinweg Unterstützung. Robert Habeck, Henriette Reker, Ruprecht Polenz und Gesine Schwan greifen mit Geistlichen aus Deutschland und Schweden den Appell auf.

Besinnung auf die Grundwerte

Der Theologe und der italienische Politiker wollen damit Menschen eine Stimme geben, „die derzeit im Schatten der großen Politik stehen“. Weiterhin befänden sich Menschen auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen, auf der Flucht vor Krieg, Armut und Klimakatastrophen. Für die Europäische Union sei es unabdingbar, sich auf ihre Grundwerte zu besinnen und Lösungen für die einzelnen Staaten zu finden, mit deren Hilfe neue Todesopfer im Mittelmeer verhindert und humanitäre Kanäle geschaffen werden können.

Es gehe darum, zu helfen und nicht wegzuschauen. Für die europäische Seenotrettung sollte auch Deutschland ein Zeichen setzen und Schiffe entsenden. Menschen ertrinken zu lassen oder in die Lager Libyens zurückzuschicken, könne keine Option für Europa sein. Der Appell ist damit verbunden, die Punkte der Erklärung zum Thema mit den gewählten Europa-Abgeordneten zu machen.

Seenotretter werden weiter kriminalisiert

Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk bemängelt Bedford-Strohm, dass „das Sterben im Mittelmeer ein Ende haben“ muss. „Es kann nicht sein, dass Menschen im Mittelmeer sterben, und Europa schaut zu.“ Bei seinem Besuch in Sizilien hat Bedford-Strohm die Sea-Watch-Crew getroffen und mit dem Bürgermeister von Palermo, Orlando, gesprochen. „Ich habe natürlich berichtet bekommen, dass die Seenotretter weiterhin kriminalisiert werden.“

Auch im Interview fordert der Theologe, dass „Europa jetzt endlich handeln“ muss. Mit einer Lösung könne man nicht bis zum Herbst warten: „Es gibt viele Städte und Gemeinden in Europa, die haben sich ja bereit erklärt, Flüchtlinge aufzunehmen. Die wollen sichere Häfen für Flüchtlinge sein. Sie dürfen aber nicht, weil die Staaten das blockieren. Das kann nicht länger so sein!“

Flüchtlinge würden in Lager gebracht, in denen die Menschenrechtsstandards zutiefst verletzt würden. Dieser Kreislauf könne „nie und nimmer eine Lösung sein“. Der Verteilmechanismus sei eine Möglichkeit, die Menschen dorthin zu verteilen, wo sie sicher leben könnten: „Das ist eine gemeinsame Aufgabe von Europa, die kann man auch nicht an Italien abschieben.“ Es handele sich nicht um irgendwelche Flüchtlinge, sondern um Menschen, die zum Bilde Gottes geschaffen sind. „Wenn die Gesichter der Menschen, die Stories der Menschen sichtbar werden, so ist meine Erfahrung, dann sind die Leute sehr offen dafür, auch zu helfen.“

Wie die Süddeutsche Zeitung meldet, wollte Bedford-Strohm mit dem Besuch ein Zeichen setzen gegen die Abschottungspolitik des italienischen Innenministers Matteo Salvini. Es sei eine „Schande und ein Armutszeugnis, für diese wenigen Menschen keine Möglichkeit zu finden, wo sie an Land gehen können“. Die Evangelische Kirche in Deutschland unterstützt Sea-Watch mit einem jährlichen Zuschuss von 100.000 Euro für das Aufklärungsflugzeug.

Von: Johannes Blöcher-Weil

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