Seit März 2014 sucht die Polizei in Dortmund einen dunkelhäutigen Mann, der eine 21-Jährige vergewaltigt und ausgeraubt haben soll. Die Polizei erhoffte sich von dem Beitrag bei „Aktenzeichen XY“ Hilfe bei der Aufklärung des Falles. Aufgrund der aktuellen Stimmungsmache gegen Flüchtlinge in Deutschland nahm die Chefredakteurin der Sendung, Ina-Maria Reize-Wildemann, den Beitrag zunächst zurück. „Wir wollen kein Öl ins Feuer gießen und keine schlechte Stimmung befördern. Das haben diese Menschen nicht verdient“, zitiert die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) die Verantwortliche. Der Dortmunder Polizeisprecher zeigte sich enttäuscht über die Absage: „Die Dortmunder Polizei hat weder die Absicht, noch die Möglichkeit, einen Entscheidungsprozess in einer Redaktion zu beeinflussen. Erst wenn alle klassischen Ermittlungsmethoden ausgeschöpft sind, greifen wir zum Mittel der Öffentlichkeitsfahndung.“ Es sei sehr bedauerlich, dass eine weitere Aufklärung des Falles nicht möglich scheine.
Mittlerweile revidierte das ZDF seine Entscheidung und widerspricht der Begründung von Reize-Wildemann. Der Beitrag soll nun doch wie geplant in der Sendung am 2. September zu sehen sein. In einer offiziellen Stellungnahme zur Entscheidung heißt es, die Auswahl der Fälle erfolge „durch Redaktion und Produzent in enger Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei nach Relevanz der Fälle, ihrer Dringlichkeit und dem jeweils aktuellen Ermittlungsstand“. Es spiele keine Rolle, welche Hautfarbe oder Persönlichkeitsmerkmale der Täter habe.
Das Vorgehen des Senders stößt in den Medien auf Kritik. Der Sprecher des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), Hendrik Zörner, hält die Begründung von Reize-Wildemann für unvereinbar mit den journalistischen Grundwerten. Der Informationsauftrag der Journalisten gelte unabhängig davon, ob es sich um Politik, Lokales, um eine Zeitung oder um die Sendung „XY ungelöst“, handele, sagte er dem Tagesspiegel. Zörner lobte hingegen, dass das ZDF seine Entscheidung noch einmal überdacht hat. „Journalisten dürfen sich in ihrer Informationspflicht nicht von einem gesellschaftlichen Mainstream leiten lassen“, betonte er.
Auf die Nachfrage von pro, wer die Publikationsentscheidung für diese Sendung treffe und was der Grund für die beiden unterschiedlichen Entscheidungen sei, äußerte sich der Sender nicht. Er verwies stattdessen auf seine öffentliche Stellungnahme. (pro)