„Die katholische Kirche ist ein mächtiger Konzern.“ Diese These vertreten die Autoren der ZDF-Dokumentation „Glaube, Liebe, Kapital – Die katholische Kirche und ihre Finanzen“, Nina Behlendorf und Nicolai Piechota, die am Mittwoch gesendet wurde.
Die Dokumentation zeigt am Beispiel von Martin Sauer, Pfarrer an der St. Josef Gemeinde in Frankfurt, wie an der Basis die Sorgen plagen. Die Renovierung der bröckeligen Kirchenfassade soll nach Schätzungen eines Architekten zwischen 400.000 und 500.000 Euro kosten, dafür hat die Gemeinde aber kein Geld. Das versteht in der Gemeinde niemand, denn im 50 Kilometer entfernt Limburg verbaute der Bischof Million. Seit fünf Jahren wartet die Gemeinde nach einem Wasserschaden auf Geld für die Sanierung vom Bistum Limburg. Die Jugendarbeit in der Gemeinde ist zum Erliegen gekommen. Die Gemeindeglieder sind sauer auf das Bistum. „Es ist eine Schande für die Kirche“, berichtet eine Ehrenamtliche. In Limburg dagegen hätte das Geld locker gesessen. Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst habe sich mit den Kirchengeldern ein Denkmal geschaffen. Der Bischof habe allein für Kunst 1,7 Millionen Euro ausgegeben. Der Bischof habe die wahren Baukosten lange verschleiert.
Der Journalist und Kirchenkenner Carsten Frerk sagt: „Das Vermögen der katholischen Kirche gehört zu den bestgehütetsten Geheimnissen des Universums.“ Der Kirchenkritiker sagt: „In der Bevölkerung ist nur eine arme Kirche eine glaubwürdige Kirche. Deshalb halte sich die Kirche sehr bedeckt, was die Veröffentlichung von Zahlen angehe.
Die katholische Kirche besitzt Krankenhäuser und Hotels, betreibt Verlage, Schulen und Kindergärten, alleine bei der Caritas arbeiten rund 590.000 Menschen. Zudem besitzt sie Immobilien in großem Umfang, heißt es in der Sendung. In Deutschland besitzt die Kirche 51 Immobilienunternehmen. Nach der öffentlichen Hand seien nach ZDF-Angaben die Siedlungswerke der katholischen Kirche der zweitgrößte Bauträger im Baden-Württemberg. Die Siedlungswerke sind als Vereine organisiert, seien somit etwa von der Gewerbesteuer befreit.
Auch in Köln sei man den Versuchungen des Mammons erlegen. Dort hat das Erzbistum in der Fußgängerzone eine Immobilie im Wert von rund 40 Millionen Euro erworben, als Zentrum der Begegnung. Eigentümer der Immobilie sei nicht etwa das Erzbistum, vielmehr ein Unternehmen mit Namen Domkloster BV in den Niederlanden. Bei dem Unternehmen handelt es sich nach ZDF-Recherchen um eine Briefkastenfirma. Durch den Grunderwerb über diese ausländische Firma habe das Erzbistum die rund 2 Millionen Grunderwerbssteuer umgangen. Die Kirche habe die Tricks der Großkonzerne perfekt kopiert. „Ein Geschäft im Namen Gottes.“
Geht es der Kirche darum, Steuern zu sparen, oder gute Taten zu vollbringen?
Die Kirche habe durch das Bauvorhaben in Limburg Glaubwürdigkeit eingebüsst. Nach einer ZDF-Umfrage glaubt jeder Zweite, dass die Kirche nicht verantwortlich mit Geld umgehe. Das Finanzgebaren der Kirche stuften Befragte nicht mehr als zeitgemäß ein. Es mangele der Katholischen Kirche an Transparenz und Kontrolle im Umgang mit Geld, einem Systemfehler. So habe der Bischof nach einem Gutachten selbst ausgesucht, wer ihn bei seinen Ausgaben kontrolliert.
Erst durch Druck der Öffentlichkeit habe der bischöfliche Stuhl sein Vermögen von rund 92 Millionen Euro offengelegt. Bislang hätten mit 16 Bistümern nur ein Drittel alles Bistümer ihre Vermögenverhältnisse offengelegt. Auf rund 6 Milliarden Euro schätzen die Autoren das Vermögen der Katholischen Kirche in Deutschland. Hans-Peter Schwintowski, Wirtschaftswissenschaftler an der Humboldt-Universität Berlin, vertrat die Auffassung, dass man die Kirche steuerlich „wie in Unternehmen behandeln muss, wenn es wirtschaftlich tätig ist.“ Seiner Meinung nach gehörten die Kirchenfinanzen offengelegt, damit die Mitglieder mitbestimmen könnten, „wer von den Armen dieser Welt soll etwas abbekommen, und wie viel.“ (pro)