Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble ist im Alter von 81 Jahren gestorben. Wie sein Bundestagsbüro am Mittwoch in Berlin mitteilte, starb Schäuble am zweiten Weihnachtsfeiertag im Kreise seiner Familie. Der CDU-Politiker gehörte mehr als ein halbes Jahrhundert dem Bundestag an und gestaltete Politik auch als Minister, Fraktions- und Parteichef. Als Bundesinnenminister im Kabinett von Helmut Kohl (CDU) verhandelte er 1990 die Verträge zur deutschen Einigung. 2006, als er erneut Innenminister unter Angela Merkel (CDU) war, gründete Schäuble die Deutsche Islamkonferenz. Parteiübergreifend würdigten Politiker die Leistungen des Verstorbenen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte, Deutschland verliere „einen prägenden Christdemokraten, der gerne stritt und dabei doch nie aus dem Blick verlor, worum es geht in der Politik: das Leben der Bürgerinnen und Bürger besser zu machen“. So lange wie kein anderer sei Schäuble Mitglied des Bundestags gewesen. Im Kurznachrichtendienst X würdigte Scholz den Verstorbenen als „scharfen Denker, leidenschaftlichen Politiker und streitbaren Demokraten“.
CDU-Partei- und Unionsfraktionschef Friedrich Merz schrieb in einer Nachricht an die Abgeordneten seiner Fraktion, das Land verliere „eine über Jahrzehnte prägende Persönlichkeit der deutschen und europäischen Politik“. „Ich persönlich verliere meinen engsten Freund und Ratgeber, den ich in der Politik je hatte“, heißt es weiter in der Nachricht, die dem epd vorliegt.
» Schäuble hat in der Politik sein Glaube geholfen
Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) sagte, das Land verliere „einen leidenschaftlichen Verteidiger unserer parlamentarischen Demokratie“. Sein politisches Erbe, die parlamentarische Demokratie nie für selbstverständlich zu halten, bleibe Auftrag für alle politisch Verantwortlichen. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schrieb bei X: „Kaum ein Politiker hat die jüngste deutsche Geschichte und unsere demokratische Kultur so geprägt wie Wolfgang Schäuble.“
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bezeichnete Schäuble als „großen Staatsmann“. Er habe das demokratische Nachkriegsdeutschland wie wenige andere verkörpert und habe bis zuletzt in Verantwortung für das Land gewirkt. Der Linken-Politiker Dietmar Bartsch nannte Schäuble einen „herausragenden Demokraten“.
Auch aus den Religionsgemeinschaften kamen anerkennende Worte über die Leistungen Schäubles. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, bezeichnete Schäuble als „Ausnahmepolitiker“. In „Dankbarkeit und Respekt“ verneige er sich vor der Persönlichkeit, dem Politiker, Christen und Menschen Wolfgang Schäuble. Der Zentralrat der Juden erklärte auf der Plattform X, Schäuble habe sein Leben in den Dienst des Landes gestellt und sei ein enger Freund der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland gewesen.
Der gebürtige Freiburger Schäuble war 1972 im Wahlkreis Offenburg erstmals in den Bundestag gewählt worden. Der promovierte Jurist, der neben Rechts- auch Wirtschaftswissenschaften studiert hatte, übernahm 1984 als Bundesminister für besondere Aufgaben erstmals ein Regierungsamt.
In den 90er Jahren war er als Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag eine wichtige Stütze für Kanzler Helmut Kohl, doch nach der Wahlniederlage der Unionsparteien 1998 kam es zum Bruch. Im Zug der CDU-Spendenaffäre gab Schäuble nach nicht einmal anderthalb Jahren im Februar 2000 den Parteivorsitz auf und zog sich auch von der Spitze der Fraktion zurück.
Während der Kanzlerschaft Merkels war Schäuble nochmals Innen-, später Finanzminister. In der zurückliegenden Wahlperiode von 2017 bis 2021 war er Bundestagspräsident. Seit einem Attentat 1990 war der evangelische Christ Schäuble gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen.