Mea Schearim ist eine abgeschottete Welt. Die Siedlung der ultraorthodoxen Juden in Jerusalem, der Haredim, ist für viele eine Art Mysterium. Die Alltagssprache dort ist Jiddisch, am Schabbat ruht das ganze Viertel, weder Autos fahren, noch ist das Arbeiten erlaubt. Elektrische Anlagen werden ausgeschaltet. Viele der strenggläubigen Juden verweigern die Kooperation mit dem Staat, leisten etwa keinen Militärdienst. Rund eine halbe Million Juden in Israel gehören dieser religiösen Gemeinschaft an. Die Haredim versuchen, ihr religiöses Erbe und ihre traditionellen Lebensformen zu schützen – und sie sehen den jüdischen Glauben durch den säkularen Staat und seine Institutionen verraten. In die geheimnisvolle Welt dieser Religionsgemeinschaft lädt "Arte" am Sonntag, 17. Juli, 21.45 Uhr, ein. 90 Minuten lang zeigt der Sender das Leben der Frommen.
So beleuchten die israelischen Dokumentarfilmer auch die Gegensätze im Viertel. Shmuel-Haim Pappenheim etwa organisiert Massendemonstrationen gegen den jüdisch-zionistischen Staat, gibt die Wochenzeitung des radikalen ultraorthodoxen Lagers heraus, das Israel nicht anerkennt, und lehnt die Teilnahme an Wahlen ab, heißt es in der Programmankündigung. Im Gegensatz dazu ist der Rabbi Avraham Ravitz Anführer einer ultraorthodoxen politischen Partei und war auch Knesset-Abgeordneter und Minister der israelischen Regierung. Für Pappenheim ist Ravitz, weil er sich als haredischer Führer an der Regierung beteiligt, ein größerer Sünder als jeder nicht religiöse Jude, heißt es bei "Arte".
Der Film taucht auch in das Leben von Adina Bar-Shalom ein. Sie ist die älteste Tochter von Rabbi Ovadia Joseph, einem Anführer Hunderttausender Haredim mit großem Einfluss auf die politische Landschaft in Israel. Adina hat sich etwas Revolutionäres vorgenommen: die Gründung eines Colleges für Haredim, in dem junge Männer – und Frauen – sich auf einen Beruf vorbereiten können. Um dies umsetzen zu können, ist jedoch der Segen ihres Vaters erforderlich.
Rachel Chalkowski hingegen ist als leitende Krankenschwester und Hebamme ständig mit den Nöten haredischer Frauen konfrontiert, die zehn oder mehr Kinder gebären und gleichzeitig auch noch für ihre Familien sorgen müssen. Sie gründete eine Stiftung, die diesen Frauen und ihren Familien hilft. Rabbi Micha Rothschild ist ein radikaler Einzelkämpfer. Aus dem Untergrund verbreitet er Propagandamaterial in den haredischen Vierteln von Jerusalem und Bnei-Brak und warnt Internetanbieter davor, sich auf dem haredischen Markt zu engagieren. Er weiß, wie groß die Gefahr ist, dass insbesondere die jungen Haredim den Versuchungen des Internets erliegen. Im Gegensatz dazu versucht der haredische Werbefachmann Yigal Revach, die führenden Rabbiner davon zu überzeugen, seine "koschere Internetinitiative" zu unterstützen. So will "Gott bewahre!" aus nächster Nähe Gegensätze, aber auch den alltäglichen Kampf der Haredim um ihre Identität zeigen. (pro)
"Gott bewahre. Die Welt der ultraorthodoxen Juden in Jerusalem". Arte, Sonntag, 17. Juli, 21.45 Uhr