De Maizière: Christlicher Glaube ein „wertvoller Schatz“
Beim Kongress Christlicher Führungskräfte in Hamburg hat Bundesinneminister Thomas de Maizière über wertebasiertes Handeln in der Politik gesprochen. Er stellte seine eigenen, christlich geprägten Maßstäbe für seine Arbeit als Politiker vor.
Von PRO
Foto: pro / Lutz
Bundesinnenminister Thomas de Maizière sprach beim Kongress christlicher Führungskräfte über seinen eigenen christlichen Maßstäbe für politisches Handeln
Die Bedingungen für politisches und unternehmerisches Handeln befänden sich im Wandel, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Aufgabe von Führungskräften sei es, diesen Wandel mitzugestalten. Es gehe darum, ihn zu analysieren und Entscheidungen zu treffen, sich selbst zu reflektieren und die weitere Zukunft im Blick zu haben. „Dabei ist es ist gut und wichtig, einen inneren Kompass zu haben“, sagte der Protestant.
Dieser Kompass könne eine Orientierung an christlichen Grundwerten sein. Wertebasierte Unternehmensführung sei derzeit hochaktuell. „Nie zuvor gab es so viele Reden in der Wirtschaft darüber wie heute.“ Die Schwierigkeit sei, sich auf gemeinsame Werte zu einigen, da jeder andere Werte als wichtig empfinde. „Ich hab großen Respekt vor allen, auch vor Ihnen, die den Versuch unternehmen, verbindliche Werte zu proklamieren“, sagte de Maizière. Für nicht-christliche Unternehmen sei die Einigung auf ein wertebasiertes Leitbild noch eine größere Herausforderung.
Über seinen persönlichen Glauben sagte er: „Christsein und Politik sind für mich keine identischen Welten, aber auch keine getrennten. Sie gehören zusammen und sind aufeinander bezogen. Der christliche Glaube prägt mein Leben, und die Politik gehört zu meinem Leben.“ Seine persönlichen Handlungen seien vom christlichen Menschenbild geleitet. Aus der Bibel lasse sich aber nicht direkt eine christliche Politik ableiten. Er orientiere sich vor allem an den drei göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe, sagte er.
De Maizière sprach außerdem über seine Maßstäbe für politisches Handeln. So verdiene es nicht jedes Thema, moralisch aufgeladen zu werden. „Wir sollten deshalb auch sparsam mit dem Begriff Gewissensentscheidung umgehen.“ Nicht jede schwere Entscheidung sei auch eine Gewissensentscheidung. Zudem sei er sich als Politiker bewusst, über die begrenzten Möglichkeiten politischen Handelns. Politik solle nicht den Anspruch erheben, alle Probleme lösen zu können. „Unser Maßstab sollte sein: Je mehr der Kern der Schöpfung berührt ist, desto vorsichtiger sollten unsere Gestaltungsmöglichkeiten sein“, erklärte der Minister.
„Gegenwart im Blick, Zukunft im Sinn, Vergangenheit im Hinterkopf“
Bei der Flüchtlingspolitk müsse man sich zudem bewusst sein, dass sich die Armutsprobleme und die gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Welt nicht migratsionpolitisch lösen lassen. Es seien komplexe Prozesse, die mit nur einem Maßnahmepaket nicht in den Griff bekommen werden könnten. Ein einzelner Staat wie Deutschland habe nur begrenzten Einfluss. Die Aufgabe der einzelnen Länder sei es dabei, diesen Einfluss verantwortungsvoll wahrzunehmen. Mit über 200.000 Asylbewerbern nehme Deutschland bereits eine hohe Zahl Schutzbedürftiger auf. Das weltweite Problem der Migration könne damit aber nicht gelöst werden.
Als Führungskraft müsste man sich zudem über die Folgen seines Handelns bewusst sein. „Je langfristiger und irreversibler die Folgen unseres Handelns sind, desto gründlicher sollten wir überlegen und uns um einen Konsens bemühen“, sagte de Maizière. Das verlange Kraft zur Selbstreflektion und Bescheidenheit. Die Gegenwart im Blick, die Zukunft im Sinn und Vergangenheit im Hinterkopf zu haben, sei ein weiterer Maßstab seines politischen Handelns. Dabei gelte auch für Unternehmer, das Bewährte fortzuentwickeln und neue Herausforderungen mutig anzugehen.
Christen müssten sich zudem fragen, wie sie ihre Rolle in der Gesellschaft sehen und wie sie ihr Verhältnis zu anderen Religionen gestalten wollen. De ermutigte dazu, „fröhlich zu glauben, verantwortungsvoll zu leben und Brücken zu bauen“. Wenn man als Christ kein Profil zeige, dürfe man sich auch darüber nicht beklagen, von anderen bedroht zu werden. „Wir brauchen als Christen mehr Selbstbewusstsein“, forderte der Minister auf. Toleranz und Respekt seien zwar wichtige Pfeiler der Gesellschaft. Sie dürften aber nicht in Beliebigkeit münden. Gläubige jeglicher Religion sollten sich die Frage stellen: Wie können wir unseren jeweiligen Glauben so leben, dass es für die gesamte Gesellschaft als eine Bereicherung und vielleicht sogar als nachahmenswert empfunden wird? „Was spricht dagegen, dass Sie als Führungskräfte das Gespräch mit muslimischen Führungskräften suchen?“, fragte der Politiker.
Weiterhin „brauchen wir nicht nur technische, sondern auch soziale Innovation für die Gesellschaft“. Das bedeute, aktiv auf Menschen zuzugehen. Nicht nur Führungskräfte sollten zudem darauf achten, Grundsätze im Großen und Sachkenntnis im Kleinen zu bewahren. Statt einer voreiligen Bewertung, sollte man sich zunächst mit dem Sachverhalt beschäftigen, empfahl de Maizière. In einer Demokratie gebe es eine Grundpflicht für Bürger, sich darüber zu informieren, was in der Welt geschehe, ohne gleich zu verurteilen.
„Staat stellt das Kirchenasyl als Ultima Ratio nicht in Frage“
Politik dürfe zudem nicht zum Projekt einiger weniger werden und Kompromisse seien erlaubt: „Verantwortungsvolle Politik sucht den Kompromiss und sieht ihn als erstrebenswert an.“ Auch um der Barmherzigkeit willen sei der Kompromiss als Instrument politischer Gestaltung wichtig.
Zum Kirchenasyl erklärte er, aus seiner Sicht als Verfassungsminister sei es falsch: „Kein Christ dürfe die Gesetze außer Kraft setzen.“ Deshalb dürfe es auch keine politische Forderung nach Anspruch auf Kirchenasyl geben. Aus seiner Sicht als Christ gelte jedoch Erbarmung und Barmherzigkeit. De Maizière sprach sich für eine gegenseitige Duldung aus. „Der Staat stellt das Kirchenasyl als Ultima Ratio nicht in Frage.“
„Am Ende gilt die Tat“, schloss er seinen Vortrag. Zur Politik gehöre die Erkenntnis: Wer handelt, der macht auch Fehler. Die Fehlerhaftigkeit des Menschen finde sich bereits im christlichen Menschenbild. Dieses Menschenbild als Maßstab zu nehmen, erleichtere es deshalb, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen: „Wer an Gott glaubt, der weiß, dass die letzten Dinge nicht in unserer Hand sind. Für mich als Politiker ist das ein wertvoller Schatz.“ (pro)
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