„Jetzt erst recht“, betonte Ulrich Eggers, Vorsitzender von Willow Creek Deutschland, am ersten Tag des Leitungskongresses in Karlsruhe. Die Veranstaltung steht im Schatten der Missbrauchsvorwürfe rund um den Willow-Creek-Gründer Bill Hybels, es ist der erste Leitungskongress in Deutschland ohne ihn. Hybels war 2018 als leitender Pastor der Willow Creek Community Church in Chicago zurückgetreten, ebenso wie weitere Pastoren und das gesamte Ältestenteam.
„Fest steht: Die Anschuldigungen der Frauen sind glaubwürdig“, heißt es in einer Stellungnahme Eggers‘. Es werde in den nächsten Jahren wohl noch weitere Aufklärung stattfinden. Doch „Hybels hin oder her“, so Eggers, Willow Creek Deutschland ziehe aus der „Krise“ ein „Jetzt-erst-recht-Mandat für die Zukunft“. Umso mehr müsse man nun in gute Leitung investieren und in den Charakter und die persönliche Integrität der Leiter.
Den Vorwürfen um Bill Hybels widmete sich indirekt auch der Vortrag Danielle Stricklands „Sexismus überwinden“. Strickland leitete die Heilsarmee in Los Angeles und arbeitete unter Frauen, die Opfer von sexuellem Missbrauch und sexueller Gewalt geworden sind. Sie betonte die Wichtigkeit des Themas. Eine von drei Frauen sehe sich in ihrem Leben mit einer Form von sexueller Gewalt konfrontiert. Und auch die 19 Millionen Frauen, die sich unter dem Hashtag #metoo dazu geäußert hätten, zeigten, dass die Themen Sexismus und sexueller Missbrauch sehr aktuell und relevant seien.
Unterschiede zwischen Männern und Frauen feiern
„Wir sind hier, um der Welt zu helfen, dass sie sich vorstellen kann, wie es wäre, wenn Jesus König wäre“, erklärte Strickland. Gottes Design sehe vor, dass „Männer und Frauen zusammen leiten“. Weil die Realität ganz anders aussehe, zitierte Strickland die Geschichte eines Blindgeborenen aus dem Johannesevangelium, Kapitel 9. Die Frage „Wer ist schuld an dieser Situation?“ sei nicht entscheidend. Sondern: „Dieses Leid, diese Schwierigkeit, ist passiert, damit Gott sich zeigen kann.“
Außerdem appellierte Strickland an die Frauen und Männer auf dem Kongress: „Gib nicht auf“, ermutigte sie die Frauen, und „Weigere dich, Frauen als Bedrohung oder Versuchung zu sehen“, warnte sie die Männer. Sie plädierte für ein offenes Miteinander. Forscher gingen davon aus, dass Veränderung in Unternehmen – und somit auch in Gemeinden – erst möglich sei, wenn eine „Minderheit“ mit mindestens 30 Prozent vertreten sei. Männer und Frauen müssten zusammenarbeiten. „Wir müssen unsere Unterschiede feiern“, so Strickland.
Eggers erklärte im Anschluss an den Vortrag, die Freikirchen hätten hinsichtlich der Gleichstellung von Mann und Frau „noch einen längeren Weg zu gehen“. Doch „wir von Willow sagen: Es ist dran“.
Von: Sara Kreuter