In dieser Woche sorgte die Tagesschau-Reporterin Hanna Resch gleich zweimal für Aufsehen. Beim ersten Mal verhaspelte sie sich während eines O-Tons aus Israel.
Moderator Jens Riewa hatte sie nach der aktuellen politischen Situation gefragt. Sie erwähnte Israels „rechtsradikale Regierung“ – und geriet dann ins Stocken, musste sich sammeln, schließlich bog der charmante Moderator Riewa das Interview ab, mit dem freundlichen Hinweis, es sei alles angekommen.
Mir tat Frau Resch leid. Es ist natürlich falsch, die gesamte Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu Rechtsradikalen zu erklären, auch wenn es äußerst problematische Kabinettsmitglieder gibt. Aber jeder kann einmal einen Aussetzer haben, dachte ich.
Doch wenig später war ich dann doch irritiert, diesmal von einem Beitrag derselben Reporterin. Diese kurzen Videos durchlaufen – anders als im live gesendeten Interview – einen redaktionellen Prozess, müssen also geprüft werden, bevor sie gesendet werden.
Die Reporterin berichtete über die Proteste gegen die umstrittene Justizreform, die die israelische Regierung umsetzen wollte. Kritiker monieren, dass diese Reform ein Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz sei. Das Oberste Gericht erklärte das Vorhaben der Regierung in Teilen denn auch als illegal. Eigentlich ein Paradebeispiel für eine funktionierende Gewaltenteilung.
Die Gewalten im Staat, das sind bekanntlich die Legislative (gesetzgebende Gewalt), Exekutive (ausführende Gewalt), und die Judikative (richterliche Gewalt). Die Teilung der Gewalten soll Machtmissbrauch verhindern. Sie kontrollieren einander. Dadurch wird Macht begrenzt.
Im Tagesschau-Beitrag von Hanna Resch heißt es jedoch im Hinblick auf die Demonstranten in Israel: „Für viele ging es um nichts Geringeres als die Demokratie ihres Landes. Die sahen sie in Gefahr, denn die Gewaltenteilung in Israel ist schwach.“
Warum braucht ein Mini-Land Bundesländer?
Dass die Gewaltenteilung „schwach“ ist, begründet sie wie folgt: „Es gibt keine zwei Kammern im Parlament, keine Verfassung, kein föderales System wie in Deutschland. Deshalb kommt dem Obersten Gericht in Israel eine besondere Bedeutung zu. Und dessen Befugnis wollte die Regierung einschränken.“
Irritierend, dass es solche Sätze durch die Redaktion schaffen. Warum sollte Israel ein Zwei-Kammern-System wie im Vereinigten Königreich haben, mit Ober- und Unterhaus (für ersteres fehlen ohnehin die Adligen)? Warum sollte ein Land von der Größe Hessens „föderal“ aufgebaut sein, am besten mit 16 Bundesstaaten?
Zudem verkennen diese angeblichen Mängel, dass das mit Gewaltenteilung wenig zu tun hat. Durch solche Maßnahmen werden nicht die einzelnen Gewalten voneinander geteilt, sondern höchstens in sich selbst. Doch das ist nicht gemeint, wenn von Gewaltenteilung die Rede ist.
Bleibt der Hinweis auf die nicht existierende Verfassung in Israel. Dies ist korrekt, aber auch damit ist Israel keine Ausnahme. Neben dem Vereinigten Königreich hat auch Neuseeland keine Verfassung. Das heißt aber nicht, dass diese Länder nicht wüssten, was sie trägt. Auch in Israel orientieren sich die Richter des Obersten Gerichts nämlich an Rechtstraditionen, gültigen Gesetzen und anderen Normen, die die Demokratie des Landes prägen.
Um das klar zu sagen: Die Tagesschau arbeitet in der Regel journalistisch sauber. Doch hier hat sie einen Fehler gemacht. Falls beim Zuschauer nun hängen bleibt, dass es mit der Gewaltenteilung (und der Demokratie?) in Israel nicht weit her ist, dem sei gesagt: Das stimmt nicht.