Wie objektiv können Journalisten sein?

Bei dem Vorwurf, Journalisten oder Medien seien nicht objektiv, geht es oft um etwas ganz anderes. Unter dem „Deckmäntelchen der Objektivität“ werde viel Kritik versteckt, sagte die Fernsehjournalistin Anja Reschke. Das bringe in eine Verteidigungshaltung: „Man ist permanent in dieser Verteidigungswagenburg eingemauert“, sagte sie.
Von PRO
(V.l.n.r.) Susanne Wille vom schweizerischen SRF, Moderatorin Sarah Tacke (ZDF), Armin Wolf, Anja Reschke

Auf der „Netzwerk-Recherche“-Jahreskonferenz am Freitag, 29. Juni, in Hamburg saß Reschke gemeinsam mit zwei Fernsehjournalisten aus Österreich und der Schweiz auf dem Podium und sprach über die Frage, was Objektivität für Journalisten bedeutet. Dabei ging es auch um die Frage, was Journalisten in Sozialen Medien äußern dürfen.

Sie seien natürlich Repräsentanten des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks, aber die Idee, dass man sich deshalb in Sozialen Medien zurückhalten solle, finde sie absurd, sagte Reschke. Die Meinungsfreiheit gelte auch für sie. Ihren Twitter-Account hat sie als „privat“ gekennzeichnet, um deutlich zu machen, dass es sich nicht um Aussagen des NDR handle.

„Für meine Twitter-Meldungen gilt kein Rundfunkgesetz“

Der österreichische Fernsehjournalist Armin Wolf sagte, für die Sendung, die er moderiere, gelte das Rundfunkgesetz. Für seine Twitter-Meldungen nicht. Dort sei er salopper oder ironischer als in einer Nachrichtensendung. Öffentlich-rechtliche Journalisten sollten seiner Meinung nach unparteiisch sein. Das bedeute, an alle Politiker den gleichen Maßstab anzulegen und Kritikwürdiges bei jeder Partei anzusprechen. Im Übrigen würden Menschen unter Objektivität ihre eigene Meinung verstehen und hätten dann ein Problem damit, wenn jemand eine andre Meinung vertrete.

Reschke sagte, negative Kommentare im Netz repräsentierten nicht die Meinung von ganz Deutschland. Das merke sie, wenn sie auf Veranstaltungen von Menschen positive Rückmeldungen bekomme. In der Redaktion sei viel diskutiert worden, ob man mehr über die besorgten Bürger habe machen müssen, aber sie glaube, man habe viel dafür gemacht.

Auf die Frage, wie jemand nicht an den Populismus verliere, der damit sympathisiere, sagte sie: „Ich kann ihm helfen, eine Meinung zu bilden. Welche Meinung er sich am Ende bildet, ist nicht mein Geschäft.“

Anja Reschke hatte 2015 einen vielbeachteten Kommentar in den Tagesthemen gesprochen, in dem sie sich gegen Hasskommentare in der Flüchtlingsdiskussion ausgesprochen und für einen „Aufstand der Anständigen“ plädiert hatte. Daraufhin war sie massiv angefeindet worden.

Armin Wolf ist für seine konfrontativen Interviews bekannt. Erst in diesem Monat interviewte er fast eine Stunde lang Wladimir Putin.

Von: Friederike Lübke

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