„Wir möchten Sie gern zu Vorträgen einladen, welche Themen haben Sie denn in petto?“ So beginnt oft der Einstieg zu einer meistens guten Zusammenarbeit vor Ort. Und dann geht es häufig so weiter:
Ich: „Zielgruppe Gemeinde intern oder öffentlich?“
Der andere: „Ja beides, wie immer! Warum fragen Sie?“
Weil ich zweisprachig predige: In internen Veranstaltungen spreche ich gern in unserem typischen Dialekt. Phrasen, Apelle, eben eine Sprache, die unter den Heiligen keine Übersetzung braucht. Es ist fromm, echt und dicht, aber für neue „ungläubige und unheilige Gäste aus dieser unserer Welt“ irgendwie codiert. Man braucht einen Schlüssel oder einen Code, um das heilige Vokabular zu verstehen. Ich liebe diese Sprache, darum führe ich hier keine Beispiele an. Aber wenn ich allein manche Themen von sogenannten Evangelisationen lese, dann weiß ich vorher, was kommt: Ein wenig Gesellschaftskritik, reichlich Kirchenkritik, vorzugsweise gegen „Rom“, der „Zeitgeist“ ist immer der Feind, wie der Gärtner immer der Mörder war. Auf dieser dunklen Folie breiten wir dann das Evangelium aus: Einfach glauben!
Und dann gibt es eine normale weltliche, gepflegte Sprache, die jeder (gute) Evangelist beherrscht, weil er mitten in diesem sprachlichen Milieu lebt. ProChrist hat hier von Anfang an anspruchsvolle Maßstäbe gesetzt.
Gestern Abend in einer Veranstaltung der örtlichen Evangelischen Allianz irgendwo im Siegerland verabschiedete sich ein älterer Herr mit den Worten: „Sie haben den Leuten aufs Maul geschaut. Sie haben die uralte biblische Geschichte in Worte gefasst, als wären Sie selbst dabeigewesen!“ Ich bedankte mich artig und schob nach, dass das richtige Arbeit bedeutet und dass ich lieber bequem in meinem gewohnten Sprachmilieu bleibe. Wie am Stammtisch: Man kennt sich, duzt sich und schwatzt über die, die nicht zum Stammtisch gehören.
Die wichtigsten Fragen
Evangelisten sind Männer und Frauen mit dem Talent der öffentlichen Rede vom Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, die fragenden Menschen die Liebe Gottes vor Augen malen und anhand der Evangelien von Jesus erzählen. Und das nicht in Denglisch, sondern auf Hochdeutsch und auf Augenhöhe.
Als eine der besten A-capella-Formationen hat das Männerquartett „Maybebop“ mit seinem Lied „Vom Nichtverstehen“ eigentlich alle Fragen gestellt, die die Evangelisten unser Zeit beantworten müssten.
Warum gibt es unsere Erde? Warum kreist um sie der Mond? Warum dreht sie um die Sonne ihre Bahn? Warum hat der Mensch das Glück, dass er auf dieser Erde wohnt? Ist das Zufall oder folgt es einem Plan? Warum fühl’n wir inn’ren Frieden, wenn wir Kinder schlafen seh’n? Warum ist ein Tag am Meer so tröstend schön? Warum rührt Musik uns oft zu Trän’n? All das würde ich so gerne mal versteh’n. So viel kann ich mir nicht recht erklär’n, all das würde ich so gerne mal versteh’n.
Warum gibt es Konferenzen über Klimapolitik in den’n man sich gegenseitig nur blockiert? Warum führ’n Verstand und Weitblick äußerst selten nur zum Sieg? Woran liegt’s, dass viel zu oft das Geld regiert? Warum gilt als höchstes Gut in uns’rer Zivilisation, sich von allem viel mehr, als man braucht, zu nehm’n, gerad’ so, als würd’s noch ’ne Erde geb’n? All das würde ich so gerne mal versteh’n. Der Mensch will stets nur sich selber seh’n. Doch warum? Das kann ich einfach nicht versteh’n
Warum glauben manche Menschen, Glaube gebe ihnen das Recht, zu behaupten, Glauben anderer sei nichts wert? Warum stürzt man sich im Namen eines Gottes ins Gefecht und glaubt, dadurch würde Töten ehrenwert? Warum nutzt man Religionen für den Terror und die Angst, wo sie eigentlich doch für den Frieden steh’n? Wer kommt auf so dämliche Ideen? Das kann ich beim besten Willen nicht versteh’n. Dass sich alle Götter ihrer schäm’n, können diese Vollidioten wohl nicht seh’n.
Warum gibt es dies und jenes? Wie kann mancherlei passier’n? Warum ist so vieles schräg und wunderlich? Solche Fragen kann man stellen und darüber debattier’n, doch die Antworten behält die Welt für sich. Mit Verstand und Überlegung ist nicht allem beizukommen. Manchmal hilft nur, Dinge staunend anzunehm’n . Wir sind, ganz egal, wie wir es dreh’n, nicht dafür gemacht, um alles zu versteh’n. Wir sind kleinste Teilchen im System, nicht dafür gemacht, um alles zu versteh’n, doch das macht das Leben nicht weniger schön.