Bernhard Pörksen ist Professor für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen. Er forscht zu Medienskandalen und Medienethik. 2009 erschien sein Buch "Skandal! Die Macht öffentlicher Empörung". Ehrlich zu wirken, ist für ihn eine der Grundregeln im Umgang mit Affären und Skandalen. "Wenn das Gefühl entsteht, es wird gelogen, hat man verloren", sagte er im Gespräch mit pro und erinnerte er an den Fall zu Guttenberg. Weil der ehemalige Verteidigungsminister nie zugegeben habe, abgeschrieben zu haben, sei er nicht mehr glaubwürdig erschienen. Das habe ihn zu Fall gebracht – und auch seinen Comeback-Versuch vereitelt.
"Authentizität schafft Vertrauen", sagte Pörksen. Wulff gefährde sein Amt derzeit aber weniger mit der eigentlichen Kreditaffaire, sondern durch die Art und Weise des Umgangs mit dem Skandal. Erst seit Bekanntwerden seines Versuchs, die Berichterstattung des "Bild"-Zeitung zu verhindern, stehe auch das Volk nicht mehr so entschieden hinter ihm. Wie die "Deutsche Presse-Agentur" (dpa) am Mittwoch berichtete, sagen derzeit 46 Prozent der Deutschen, Wulff sollte sein Amt zur Verfügung stellen. Ebenso viele meinen, er solle bleiben. Das ergab eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag der Mediengruppe Madsack. Noch vor Weihnachten lehnten 79 Prozent der Deutschen einen Rücktritt ab. Wulff selbst erwägt derzeit keinen Rücktritt, wie er in einem Interview mit ARD und ZDF am Mittwoch erklärte.
Die Presse protestiere nun "unisono", sagte Pörksen. "Wulff steckt in einem großen kommunikativen Dilemma", schloss der Wissenschaftler. Im Umgang mit Medien-Krisen rät er zu vier Maßnahmen: Der Betroffene müsse schnell reagieren, transparent und authentisch sein und nichts tun, was seinem Amt widerspricht. (pro)