Angelika Holzäpfel kommt gerade von der Bauernkundgebung in Stuttgart. Am Telefon klingt sie ruhig, doch ihre Unzufriedenheit ist trotzdem zu spüren. „Wir spüren ein ganz großes Ungerechtigkeitsempfinden“, sagt die Landwirtin.
Mittlerweile seien weniger als ein Prozent der Deutschen Bauern, aber dieses Prozent müsse knapp eine von 17 Milliarden Euro einsparen, die die Ampel aufgrund ihres verfassungswidrigen Haushaltes einsparen muss.
Im Winter arbeitet sie 70 Stunden, im Sommer 80 Stunden, berichtet Holzäpfel. Wenn Gewerkschaften anderer Branchen die 35-Stunden-Woche fordern, gönnt sie das den Arbeitnehmern. Aber die Bauern lebten doch in einer völlig anderen Welt, was die Arbeitsbelastung angeht.
Die Familie Holzäpfel betreibt einen Bauernhof im Nordschwarzwald. Dazu gehören 70 Milchkühe plus Nachzucht, außerdem eine Biogasanlage und etwas Ackerbau. Doch was dort wächst, wird nicht verkauft, sondern verfüttert. „Die Qualitätsanforderungen sind zu hoch und die Preise zu schlecht.“
160 Hektar Land müssen trotzdem bewirtschaftet werden. Pro Hektar müsse man etwa 100 bis 120 Liter Diesel rechnen, sagt die Landwirtin. Wenn 21 Cent an Steuervergünstigung wegfallen, hat der Betrieb pro Jahr Einbußen von etwa 4.000 Euro.
Betriebe müssen wirtschaftlich arbeiten
„Und von der CO2-Abgabe spricht ja noch keiner“, sagt Holzäpfel, und nennt weitere 3.500 Euro, die sie unter dem Strich daher weniger haben wird.
Das ist viel Geld, aber er bedeutet noch nicht das Ende der Existenz vieler Bauern. „Für uns bedeutet das aber, dass wir Investitionen schieben oder ganz absagen müssen“, so die Landwirtin.
Sie sei keineswegs gegen Maßnahmen für mehr Tierwohl und Umweltschutz. Familie Holzäpfel bewirtschaftet ihre Ackerflächen zu 40 Prozent ökologisch, „obwohl wir kein zertifizierter Biobetrieb sind“. „Darüberhinaus sind wir Partner des Projekts Bienenstrom, für das wir Blühwiesen anlegen.“ Es geht ihr eher darum, dass ein Betrieb wirtschaftlich arbeiten können muss, um langfristig zu überleben.
Holzäpfel teilt die Unzufriedenheit ihrer Kollegen, aber sie will auch positive Akzente setzen. Sie gehört „Bauern unter sich“, eine Art Netzwerk christlicher Bauern, das von Pietisten getragen wird: den Apis, dem Liebenzeller, dem Sächsischen und dem Süddeutschen Gemeinschaftsverband. Das Netzwerk will sich nach eigenen Angaben „der nicht einfachen Situation und der besonderen Anliegen der Bäuerinnen und Bauern und ihrer Familien“ annehmen.
Beten für eine bessere Debatte
Holzäpfel gehört zu den Initiatoren eines Gebetsaufrufs. „Es herrscht aktuell viel Ärger, Wut, Unruhe und Sorge vor allem unter uns Landwirten“, steht darin. Die Steuererhöhung für Agrardiesel sei der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Vorschriften und Auflagen erschwerten den Landwirten die Arbeit, es fehle Planungssicherheit. Die Lage ist also brenzlig.
Doch die gläubigen Bauern rufen auch bewusst zum Gebet auf, damit die Protestaktionen friedlich bleiben, dass sie den Kontakt zwischen Regierung und Volk verbessern und „mehr christliche Werte Einzug“ in die Politik halten. „Bauern unter sich“ hat dazu regionale Gebetstreffen geplant.
Zur Person
Angelika Holzäpfel ist Landwirtin. Zum Betrieb ihrer Familie in Althengstett-Ottenbronn im Nordschwarzwald gehören 70 Milchkühe plus Nachzucht. Sie engagiert sich zudem kommunalpolitisch in der CDU.
„Ohne Segen von oben geht es nicht“, ist Angelika Holzäpfel überzeugt. Die Demonstration in Stuttgart ist friedlich geblieben, erzählt sie, auch wenn es schwierige Situationen gab. So habe der Landesbauernverband zwar gemahnt, auf parteipolitische Bekenntnisse zu verzichten. Trotzdem hätten Unterstützer der AfD und deren Jugendorganisation „Junge Alternative“ am Rande der Demo ihre Fahnen geschwenkt. „Das fand ich nicht ok“, sagt die Bäuerin.
Sie ist selbst kommunalpolitisch in der CDU engagiert, dort ist sie auch zuständig für den Bereich Landwirtschaft. Doch darum geht es ihr nicht. Sie will, dass sich nicht nur die Bedingungen der Bauern, sondern auch die mediale Stimmung verbessert. „Etwas mehr Wertschätzung für unsere Arbeit und Verständnis für unsere Situation wäre schön.“
Als ich die Schlagzeilen vom „Mistgabelmob“ und von „Agrarsekte“ las, lief es mir kalt den Rücken runter. Aber ihre Familie spüre, dass Menschen für sie beten. „Wir fühlen uns getragen“, sagt sie.