Wenig Ehre, viel Amt? Vom Umgang mit (ehrenamtlichen) Politikern

Wer Verantwortung übernimmt, muss mit Kritik rechnen – auch mit unfreundlicher. Beleidigungen, Hetze und Häme oder gar Gewalt sind aber in jedem Fall daneben. Jeder Mensch verdient Respekt, auch und gerade, wer sich für das Gemeinwohl einsetzt. Ein Gastkommentar von Uwe Heimowski
Von PRO
In den Gemeinde- und Stadträten Deutschlands, wie hier in Chemnitz, engagieren sich zahlreiche Bürger ehrenamtlich

Der Bundespräsident spricht mir aus der Seele. Im Rahmen der Ernennung der neuen Justizministerin Christine Lamprecht am 27. Juni sagte Frank-Walter Steinmeier: „Zehntausende von ehrenamtlichen Mandatsträgern – Bürgermeistern und Gemeinderäten – sind das Fundament, auf dem das Gebäude unserer Demokratie politisch ruht. Sie verdienen Respekt und Anerkennung und – wo nötig – Schutz!“

Für Christen sollte es ohnehin selbstverständlich sein, die Verantwortungsträger zu segnen, statt sie zu beschimpfen. „Redet gut von Politikern, betet für sie, segnet sie, errichtet keine Barrieren und geht mit Respekt mit denen um, die eine andere Meinung vertreten“, habe ich bereits 2017 gegenüber pro gesagt. Diese christusgemäße Grundhaltung ist in der Handreichung der Deutschen Evangelischen Allianz zur Bundestagswahl in Anlehnung an das bekannte Bibelwort „Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein“ ausgeführt.

Zwei Jahre später müssen wir leider feststellen: Das Gegenteil ist eingetreten. Der Umgangston im Bundestag und den Landesparlamenten hat sich massiv verschärft. Die Hasskommentare in den Sozialen Netzwerke scheinen keine Grenzen zu kennen. Auch die Kommentarspalten in christlichen Medien werden nicht selten von unschönen Unterstellungen und sogar Beleidigungen überschwemmt. Selbst Christen sind dabei oft kein Segen, sondern verwechseln die Notwendigkeit des klaren Bekenntnisses mit liebloser Rechthaberei.

Dass Worten Taten folgen könnten, haben Mahner lange vorhergesagt. Der Mord am hessischen Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat die düsteren Vorhersagen auf eine schockierende Weise bestätigt. Diese abscheuliche Tat eines Rechtsextremisten, der inzwischen gestanden hat, an einem mutigen, aufrichtigen Politiker und Christen ist ein Anschlag auf die Grundfesten der Demokratie.

Mehr Wertschätzung wagen

Aber sollen wir deswegen resignieren? Ganz und gar nicht. Mehr denn je ist es geboten, Respekt und Anstand vorzuleben. Mehr denn je ist es geboten, das biblische Prinzip „Ehre, wem Ehre gebührt“ (Römer 13,7) ernst zu nehmen. Mehr denn je gilt es, auf unsere Worte zu achten: „So ist auch die Zunge ein kleines Glied und rechnet sich große Dinge zu. Siehe, ein kleines Feuer, welch einen Wald zündet’s an!“ (Jakobus 3,5).

Wir brauchen eine Kultur der Wertschätzung. Gegenüber den Spitzenpolitikern und auch für die vielen Ehrenamtlichen. Häufig ist uns gar nicht bewusst, wie viel diese Mandatsträger für uns leisten. Einige Jahre war ich Mitglied im Stadtrat von Gera. Da kam einiges an Terminen zusammen. Pro Monat eine Stadtrats-, zwei Ausschuss-, zwei Fraktionssitzungen, plus Unterausschuss und Fraktionsvorstand, dazu drei Beiratstreffen, zwei Sitzungen des Kreisvorstands, eine des Ortsverbandes. Teilnahmen an offiziellen Feierlichkeiten, Betriebsbesichtigungen, Klausurtagen, überregionalen Netzwerken, und manches mehr. Dazu ein Berg an Unterlagen, die es zu lesen gilt, und die Vorbereitungen auf eigene Reden und sonstige Texte.

Der Lohn? Eine Aufwandsentschädigung von 230 Euro, die zu versteuern ist, und von der Fraktions- und Mitgliedsbeiträge zu entrichten sind. Den Wahlkampf zahlt übrigens jeder Kandidat selbst.

Ist es da nicht das Mindeste, den Menschen, die bereit sind, diese Verantwortung zu übernehmen, mit Wertschätzung zu begegnen? Mögen mir auch einzelne Entscheidungen missfallen, sollte doch als Grundkonsens gelten: Auch der „politische Gegner“ verdient Respekt für seine Arbeit.

Uwe Heimowski ist Beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung. Zudem gehört er dem Vorstand der Christlichen Medieninitiative pro an.

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