Kirchenvertreter haben zu Solidarität mit den Opfern religiöser Verfolgung aufgerufen. Das katholische Hilfswerk Missio sieht einen weltweiten Trend zu religiös motivierter Gewalt. „Der politische Missbrauch von Religion für ideologisch motivierte Gewalt ist ein zunehmendes Problem weltweit“, warnte der Vize-Präsident von Missio Aachen, Gregor von Fürstenberg, am Mittwoch anlässlich des Internationalen Gedenktags der Vereinten Nationen (UN) für die Opfer von Gewalttaten aus Gründen der Religion oder des Glaubens am Donnerstag. Das gelte für den Globalen Süden wie auch für Europa, einschließlich Deutschland.
Islamistischer Terror in der Sahelregion, der Segen der russisch-orthodoxen Kirche für den Überfall auf die Ukraine oder die Diskriminierung anderer Religionen durch Hindu-Nationalisten in Indien seien Beispiele der Instrumentalisierung von Religion für politische Zwecke weltweit, erklärte das katholische Hilfswerk. Am 22. August wird der im Jahr 2019 von den Vereinten Nationen eingeführte Internationale Gedenktag begangen.
Angriff auf die Menschenwürde
Auch die katholische Kirche fordert mehr Schutz der Religionsfreiheit. „Leider stellen wir statt eines Rückgangs eine stetige Zunahme von Gewalt gegen Menschen wegen ihres Glaubens oder ihrer Religionszugehörigkeit fest“, erklärte am Dienstag der Augsburger Bischof Bertram Meier. „Wir müssen mitansehen, wie religiöse Intoleranz und Diskriminierung immer wieder zu Angriffen auf Andersdenkende führen“, sagte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der katholischen Deutschen Bischofskonferenz.
Er denke nicht nur an die Christen weltweit, die unter Ausgrenzung und Verfolgung leiden, „sondern an alle Menschen, die von religiös motivierter Gewalt betroffen sind“, fügte Meier hinzu. Diese Übergriffe seien auch immer ein Angriff auf die Würde der Menschen, „die die Basis der Menschenrechte ist und die für uns in der Gottesebenbildlichkeit aller Menschen gründet“.
Zu den Menschenrechten gehöre auch die Religionsfreiheit, so Meier: „Alle Staaten tragen die Verantwortung, Verletzungen der Menschenrechte und damit auch der Religionsfreiheit entgegenzutreten. Wo dies nicht passiert oder gar der Staat selbst diese Rechte angreift, sind Diskriminierung und am Ende auch Gewalt, insbesondere gegenüber religiösen Minderheiten nicht weit.“
EKD: Jesiden leiden besonders stark
Weiterhin stehen Meier zufolge die Glaubensgemeinschaften und damit die Kirchen in der Pflicht, der Instrumentalisierung des eigenen Glaubens und der Diskriminierung Andersgläubiger entschieden entgegenzutreten. Daher sei der Dialog zwischen den Religionen für ein friedliches Miteinander wichtig.
Die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bosse-Huber, erinnerte an das Leid der Jesiden, der vor zehn Jahren in Sinjar im Nordirak begann. Der „Islamische Staat“ (IS) massakrierte mehr als 5.000 Männer der Religionsgemeinschaft und versklavte etwa 7.000 Jesidinnen. Die Vereinten Nationen erkannten die Gräueltaten als Völkermord an, dem sich der Deutsche Bundestag 2023 anschloss. „Für Jesidinnen folgten Jahre eines unvorstellbaren Martyriums in der Gewalt des IS. Sie wurden gedemütigt, vergewaltigt, zum Verkauf angeboten – weil Jesiden in den Augen der Islamisten Ungläubige sind, die kein Lebensrecht haben“, sagte Bosse-Huber.
Die größte jesidische Diaspora lebt in Deutschland. Weltweit gibt es etwa eine Million Jesiden, etwa 250.000 leben hierzulande. Rund 280.000 Menschen halten sich noch in Flüchtlingslagern im Nordirak auf, die jedoch bald geschlossen werden. Eine Rückkehr in die Heimatregion sei jedoch schwierig, sagte Bosse-Huber. „Wer zurückkehrt, steht vor zerschossenen Häusern und blickt auf vom IS verminte Felder. Die Menschen entbehren jeder Lebensgrundlage.“
Die Grenzregion Sinjar, zwischen dem Irak, Syrien, der Türkei und dem Iran sei zudem immer noch ein Konfliktfeld und biete keine Sicherheit für Rückkehrer. Abschiebungen von Jesiden aus Deutschland seien deshalb nicht zu rechtfertigen, sagte die EKD-Auslandsbischöfin. „Deutschland hat mit der Anerkennung des Genozids explizit Verantwortung dafür übernommen, die Opfer zu schützen.“
Von: epd/Swanhild Brenneke