Afghanistan ist das Land mit der schwersten Christenverfolgung. Das geht aus dem Weltverfolgungsindex 2022 des Hilfswerks Open Doors hervor, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Damit führt erstmals seit 20 Jahren nicht mehr Nordkorea die Rangliste an – obwohl es in dem ostasiatischen Land keinerlei Verbesserungen gebe.
Die neuerliche Machtübernahme der Taliban in Afghanistan hat zu einer „extrem hohen“ Verfolgung der Christen im Land geführt, begründet Open Doors die Entscheidung. Christen in Afghanistan sind mehrheitlich ehemalige Muslime. Sie würden nun von den Taliban gezielt gesucht und meist ermordet. Viele von ihnen würden deshalb in die Nachbarstaaten fliehen. Als Christen mit muslimischem Hintergrund und als nicht anerkannten Flüchtlingen drohe ihnen dort aber ebenso Gefahr. Christliche Mädchen und Frauen würden vergewaltigt oder zwangsverheiratet.
Afrika ein Schwerpunkt der Christenverfolgung
Darüber hinaus habe die Herrschaft der Taliban Auswirkungen auf andere Länder, heißt es im Bericht. Andere extremistisch-islamische Gruppen in Afrika und Asien seien durch die Machtübernahme der Taliban in ihrem Ziel bestärkt worden, die dortigen Regierungen zu stürzen. Als Beispiele nennt Open Doors im Weltverfolgungsindex 2022 Pakistan (Platz 8) oder Indonesien (Platz 28).
Unverändert hoch gelistet bleiben viele afrikanische Länder. Allein vier davon finden sich in den „Top 10“: Somalia (Platz 3), Libyen (Platz 4), Eritrea (Platz 6) und Nigeria (Platz 7). In diesen Ländern seien die Regierungen schwach oder korrupt. Das machten sich islamistische Gruppen zu Nutze. Aus deren Sicht sei es nur eine Frage der Zeit, bis ausländische Streitkräfte, ähnlich wie in Afghanistan, abziehen. Anders als im Vorjahr taucht Niger (Platz 33) in der Rangliste auf. Tunesien „verbessert“ sich um neun Positionen (Platz 35).
Die ersten zehn Plätze des Weltverfolgungsindex’
- Afghanistan (98 Punkte)
- Nordkorea (96 Punkte)
- Somalia (91 Punkte)
- Libyen (91 Punkte)
- Jemen (88 Punkte)
- Eritrea (88 Punkte)
- Nigeria (87 Punkte)
- Pakistan (87 Punkte)
- Iran (85 Punkte)
- Indien (82 Punkte)
Weltverfolgungsindex 2022: „Chinesisches Modell“ wird exportiert
Ungebrochen hoch bleibt die Christenverfolgung in China (Platz 17). Nachdem bereits seit 2018 der Verkauf von Bibeln über das Internet verboten ist und gedruckte Bibel ausschließlich über die staatlich kontrollierte Drei-Selbst-Kirche gekauft werden können, sind mittlerweile auch Bibel-Apps nicht mehr verfügbar. Wer dennoch Bibeln verkauft, muss mit Haftstrafen rechnen. Das „chinesische Modell“ einer ideologischen und zentralistischen Überwachung der Religion wird nach Angaben von Open Doors in immer mehr Länder exportiert. Zu beobachten sei dies in ebenfalls kommunistisch geprägten Ländern wie Kuba (Platz 37). Nach der Vorgabe „Ein Land, ein Volk, eine Religion“ werde das „chinesische Modell“ in jüngster Zeit auch in anderen Ländern, wie Indien (Platz 10), oder Malaysia (Platz 50) angewandt.
Als Ausrede für Christenverfolgung in China diene weiterhin in Corona-Pandemie. So mussten nach Angaben von Open Doors auch in Regionen, in denen keine Beschränkungen mehr nötig waren, Kirchen geschlossen bleiben. Betroffen davon seien neben nicht registrierten Kirchen, auch die staatlichen Drei-Selbst-Kirchen. Ähnliche Entwicklungen seien in anderen Ländern wie Vietnam (Platz 19) ebenfalls zu beobachten.
Um elf Plätze hat sich im Index Katar verschlechtert (Platz 18). Der Wüstenstaat ist spätestens mit der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit geraten. Für die Christen im Land habe sich die Lage dennoch weiter verschlechtert.
312 Millionen Christen seien „sehr hoher bis extremer“ Verfolgung ausgesetzt. Open Doors analysiert mit Hilfe von Fragebögen verschiedene Lebensbereiche von Christen: das Privat- und Familienleben, das Leben in Gesellschaft und Staat sowie das kirchliche Leben. Zudem erfasst das Hilfswerk physische Gewalt gegen Christen. Mit einem Punktesystem ermittelt Open Doors dann den Grad der Verfolgung von Christen. Die Fragebögen werden von Fachleuten aus drei Bereichen beantwortet: von Forschern von Open Doors, die mit lokalen Kirchengemeinden zusammenarbeiten, von Analysten des Weltverfolgungsindex-Teams sowie von externen Experten. Der Index umfasst 50 Länder, zu denen das Hilfswerk detaillierte Berichte veröffentlicht. In weiteren 26 Ländern seien Christen einem „hohen“ Maß von Verfolgung ausgesetzt.
Eine Antwort
Es ist erschütternd zu lesen, in welchen Ländern Verfolgungen von Christen permanent stattfinden, und wie wenig in der deutschen Presse hierauf eingegangen wird. Der neueste Bericht von „Open Doors“ gibt in vorbildlicher Weise einen erschütternden Ein- und Überblick über die Situation für Christen in den einzelnen Ländern, sodass die Presse dieses Thema stärker in den Fokus rücken und darauf aufmerksam machen könnte, ja sollte, in welcher Weise Christen das Leben wegen ihres Glaubens in den unterschiedlichsten Ländern schwer gemacht wird. „Open Doors“ verfügt über sehr gutes Informationsmaterial, das eine Grundlage für aktive Unterstützung gibt. Also …