"In der Tat ist heute vielen Menschen ziemlich unbekannt, warum wir eigentlich Weihnachten feiern. Christen glauben, dass an diesem Tag der Sohn Gottes Mensch geworden ist. … Für sie besitzt das Weihnachtsfest eine ganz besondere Aktualität, ist also kein historisches Fest. Für die Mehrheit der Menschen aber kommt es dem konstanten Bedürfnis entgegen, Feste zu feiern." Das sagt Spaemann in der Focus-Ausgabe vom 19. Dezember, wie es in einer Vorankündigung des Magazins heißt.
Unwahrscheinlich, dass die Menschheit noch lange lebt
Zudem warnt er vor der "Illusion, allein die Wissenschaft könne die Probleme der Menschheit lösen", wie es in der Ankündigung heißt. "Ich bin der Meinung, dass die wachsende Naturbeherrschung dem Menschen eine große Selbstbeschränkung auferlegt. Ohne das Bewusstsein, dass die Welt uns nur übergeben ist als Kapital, von dessen Zinsen wir leben und das wir nicht angreifen dürfen, können schlimmere Katastrophen, als wir bislang erlebt haben, nicht abgewendet werden", sagt der Philosoph und weiter: "Die Vorstellung, wir könnten die Natur des Menschen und die Struktur der menschlichen Gesellschaft durch rationale Planung, durch ständig neue und im Großteil sinnvolle wissenschaftliche Erkenntnisse ersetzen, halte ich für einen großen Unsinn." Dass die Menschheit noch Jahrtausende leben werde, erscheine ihm extrem unwahrscheinlich. "Wir sollen uns zwar von der Wissenschaft über fast alles belehren lassen, aber nicht darüber, wer wir sind."
Zu den gegenwärtigen Debatten über den Islam meint Spaemann: "Muslime sind Menschen, die die Existenz Gottes wirklich ernst nehmen. … Unter dieser Herausforderung entsteht, glaube ich, ein Bedürfnis auf Seiten der Nicht-Muslime, nun doch auch selbst zu wissen, worum es in der eigenen Religion überhaupt geht."
Robert Spaemann ist emeritierter Professor für Philosophie. Im Jahr 2007 hatte er mit seinem Buch "Der letzte Gottesbeweis" für Aufsehen gesorgt, in dem er versucht, die Existenz Gottes zu beweisen. Einen ähnlichen Inhalt hat sein Titel "Das unsterbliche Gerücht", das im selben Jahr erschien. "Da begegnet der verblüffte Leser einem alten Bekannten, der längst vom Zweifel der Moderne zermalmt schien: einem Gott, der den Tod besiegt. …", hatte der "Spiegel" darüber geschrieben. (pro)