Momentan würden wohl Millionen Menschen der Aussage zustimmen: „Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker.“ Dieser Satz steht schon in der Bibel. 2.700 Jahre alt sind die Worte des judäischen Propheten Jesaja (Kapitel 60,2). Doch der Satz nimmt eine überraschende Wende: „Aber über dir geht strahlend der Herr auf, seine Herrlichkeit erscheint über dir.“ Beschrieben ist hier buchstäblich ein totales Kontrastprogramm: Strahlendes Licht und Herrlichkeit statt abgrundtiefe Dunkelheit – von einer echten Zeitenwende ist da die Rede. Kann es so etwas geben?
Christen glauben, Weihnachten ist diese Zeitenwende. Aber was kann das traditionsreichste Fest des Christentums heute noch bedeuten – in unserer aufgeklärten Gesellschaft, in der so viele Lebensentwürfe parallel existieren und zugleich vieles auseinanderzubrechen droht?
Die erste Weihnachtspredigt der Geschichte
Tatsache ist jedenfalls, dass die Weihnachtsgeschichte, die am heutigen Heiligabend in Deutschland noch immer in vielen Tausend Gotteshäusern verlesen oder als Krippenspiel aufgeführt wird, so gar nichts zu tun hat mit Plätzchenduft, Tannengrün, Kommerz-Event oder Jingle Bells.
Nach der Überlieferung des Lukas-Evangeliums bekommen Hirten auf einem Feld südlich von Bethlehem vor gut 2.000 Jahren einen riesigen Schreck: Mitten in der Nacht umstrahlt sie ein unbeschreiblicher Lichterglanz. Ein Engel Gottes tritt hinzu und hält die erste Weihnachtspredigt der Geschichte. Sie besteht im Kern aus nur drei Worten – kurz, einfach, prägnant: „Fürchtet euch nicht!“ Und die Adressaten sind Nachtarbeiter auf freiem Feld, die am Rand der Gesellschaft leben.
Der Engel verkündet „eine große Freude“, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: „Heute ist für euch in der Stadt, in der schon David geboren wurde, der versprochene Retter zur Welt gekommen. Es ist Christus, der Herr.“ Jesus, ein kleiner Junge in Windeln, geboren unter prekären Umständen, ist der Hoffnungsträger für die Menschheit, sagt die Bibel.
„Fürchtet euch nicht!“, das heißt: Es gibt Hoffnung für diese Welt. Und zwar immer. Und immer noch. Diese drei Worte haben das Potenzial, Menschen aller Epochen und Kulturen – egal, was sie glauben oder nicht glauben – zu ermutigen, zu trösten, zu erfrischen und zu erfreuen. Diese zeitlose Mutmacher-Formel aus drei Worten tut uns gut. Gerade jetzt. In dieser Zeit, in der so viele Menschen Verunsicherung erleben.
Christoph Irion ist Journalist und Politologe. Er leitet seit 2014 die Christliche Medieninitiative pro.