In den USA wurde eine Beamtin inhaftiert, weil sie aus Glaubensgründen keine Heiratslizenzen für Homosexuelle ausstellen will. Der Fall zeigt, wie die Homo-Ehe unmittelbar die Religionsfreiheit bedroht. Ein Kommentar von Moritz Breckner
Von PRO
Foto: MSNBC
Seit Donnerstag sitzt Kim Davis hinter Gittern. Am Freitag begann ihr Büro, Heiratslizenzen für hetero- und homosexuelle Paare auszustellen
Kim Davis ist eine Beamtin im Bundesstaat Kentucky, die in ihrem Landkreis für das Ausstellen von Heiratslizenzen zuständig ist. Seit der Oberste Gerichtshof im Juni entschied, Homo-Ehen müssten landesweit zulässig sein, ist auch die bekennende Christin durch ihren Beruf verpflichtet, gleichgeschlechtlichen Paaren eine solche Lizenz auszustellen. Bislang hat Davis sich aus Gewissensgründen geweigert, das zu tun – nach mehreren juristischen Drohungen wurde sie am Donnerstag nach einer Gerichtsanhörung in Haft genommen. Nach Medienberichten muss sie im Gefängnis bleiben, bis sie sich bereit erklärt, die Lizenzen auszustellen.
„Inhaftiert für Jesus“, titelt die Online-Zeitung The Christian Post, und zitiert Davis mit den Worten, dass sie ihre Entscheidung nicht leichtfertig getroffen habe. „Für mich ist es eine Frage des Gehorsams“, sagt die 49-Jährige. „Eine Heiratslizenz auszustellen, die Gottes Definition der Ehe zuwiderläuft, mit meiner Unterschrift darauf, würde gegen mein Gewissen verstoßen.“ Dass die Einführung der Homo-Ehe niemandem schadet – dieses Argument ist spätestens mit diesem Fall endgültig widerlegt.
Natürlich kann man an dieser Stelle argumentieren, dass Davis den falschen Job gewählt hat, wenn sie ihn nicht mit ihrem Glauben vereinbaren kann. Wer ein moralisches Problem mit Pornografie hat, bewirbt sich ja auch nicht als Pornodarsteller, um dann nach Vertragsabschluss die Arbeit zu verweigern. Es lohnt sich aber, den vorliegenden Fall differenzierter zu betrachten.
Spielraum für Gewissensfreiheit wäre angemessen
Als Davis ihren Job antrat, konnte sie nicht ahnen, dass Jahre später ein Gericht die seit Jahrhunderten gängige Definition der rechtlich anerkannten Ehe als eine Verbindung zwischen Mann und Frau plötzlich ändern würde. Hätte sie am Tag der Entscheidung des Supreme Court ihre Stelle kündigen sollen, weil absehbar war, dass sie ihren Pflichten nicht mehr vollständig nachkommen kann, ohne ihr Gewissen zu verletzen? Andere Standesbeamte haben das notgedrungen getan.
Politik und Gesellschaft täten gut daran, mit Rücksicht auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit Spielräume für Standesbeamte wie Kim Davis zu schaffen, anstatt sie zur Kündigung zu nötigen oder ins Gefängnis zu sperren. Warum kann nicht ein Kollege von Davis die Lizenzen für gleichgeschlechtliche Paare übernehmen? Ein Vergleich aus Deutschland: Im Gesetz zur Behandlung von Schwangerschaftskonflikten heißt es, dass niemand verpflichtet ist, an einem Schwangerschaftsabbruch mitzuwirken. Arbeitsrechtlich auf Gewissenskonflikte Rücksicht zu nehmen, ist also keine völlig neue Idee – man rufe sich auch die Möglichkeit, den Wehrdienst aufgrund seines Glaubens zu verweigern, in Erinnerung.
Ob nun in Deutschland oder den USA: Es wäre nicht nur ein Zeichen des guten Willens, sondern auch ein Hochhalten der in der Verfassung verankerten Religionsfreiheit, unbürokratisch Hilfe für Standesbeamte in Gewissenskonflikten zu schaffen. Erst recht deswegen, weil die Neudefinition der Ehe eine Zäsur darstellt, wie man sie sich vor einigen Jahren noch nicht im Traum hätte vorstellen können. Es kann keine Pflicht geben, dies gutzuheißen oder zu unterstützen.
Es spräche für ein System, wenn es auf Christen wie Kim Davis Rücksicht nehmen und sie integrieren könnte. Es ist die Pflicht des Staates, die Gewissens- und Religionsfreiheit zu schützen, zu verteidigen und deren Ausübung zu ermöglichen. Mehrere republikanische Präsidentschaftskandidaten haben sich bereits solidarisch mit Davis gezeigt. Während ihrer Gerichtsanhörung hatten sich Gegner und Unterstützer vor dem Gerichtsgebäude versammelt. Als Davis dann zum Gefängnis gebracht wurde, skandierten die Befürworter der Homo-Ehe ihren Schlachtruf „Love wins“ (Liebe gewinnt). Wie paradox. (pro)
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