Wegen Bluttransfusion an Zeugin Jehovas: Spanien verurteilt

Eine Zeugin Jehovas erhielt während einer Notoperation in Madrid eine Bluttransfusion. Weil sie die zuvor abgelehnt hatte, muss das Land Spanien nun eine Entschädigung zahlen.
Von Swanhild Brenneke
Bluttransfusion

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Spanien zu einer Geldstrafe verurteilt, weil dort eine Frau gegen ihren Willen eine Bluttransfusion erhielt. Der Fall ereignete sich im Jahr 2018. Eine aus Ecuador stammende Frau, die in Soria in Spanien lebt, musste sich medizinischen Behandlungen im hiesigen Krankenhaus unterziehen. Sie hatte allerdings im Vorfeld schriftlich verfügt, dass sie keine Bluttransfusionen erhalten möchte, weil sie den Zeugen Jehovas angehört und das nach Auffassung der Religionsgemeinschaft gegen den Willen Gottes ist.

Wegen starker Blutungen wurde sie am 6. Juni 2018 ins Krankenhaus in Soria eingeliefert. Dort verweigerte sie noch den Vorschlag des dortigen Arztes, eine Bluttransfusion zu erhalten. Weil ihr Zustand immer schlechter wurde, musste sie in das etwa zweieinhalb Autostunden entfernte Madrid ins Krankenhaus verlegt werden. Dort war eine Notoperation nötig.

Die Ärzte in Madrid wussten zwar, dass die Frau den Zeugen Jehovas angehört und erkundigten sich sogar bei einem Richter, wie sie im Hinblick auf eine Transfusion zu verfahren hatten. Da der Richter jedoch nichts von den eingereichten Dokumenten der Frau wusste, genehmigte er die Bluttransfusion. Die Frau verklagte den Richter nach ihrer Genesung, die Klage wurde jedoch abgewiesen. Im März 2020 zog sie deshalb vor den EGMR.

Dieser urteilte nun: Die Frau habe laut der Richter „ihre Autonomie“ nicht ausreichend ausüben können, „um eine wichtige Lehre ihrer Religion zu befolgen“. Spanien habe damit gegen das in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie gegen das Recht auf Religionsfreiheit verstoßen. Das Land muss der 58-Jährigen deshalb 26.000 Euro zahlen. 12.000 Euro sollen Schadensersatz sein und 14.000 Euro entsprechen den entstandenen Prozesskosten, heißt es in der Pressemitteilung des EGMR zu dem Urteil. Die Klägerin sagte nach dem Urteil gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, sie sei froh, dass „der Gerechtigkeit Genüge getan“ worden sei. Außerdem hoffe sie, dass die Entscheidung es ermöglichen werde, „die Rechte anderer Menschen in Zukunft zu respektieren“.

Die Zeugen Jehovas begründen die Ablehnung von Bluttransfusionen mit der Bibel und dem Verbot des Blutverzehrs, das sie auch auf Transfusionen übertragen. Zum Beispiel heißt es in 3. Mose 17, 14: „Denn des Leibes Leben ist in seinem Blut, und ich habe den Israeliten gesagt: Ihr sollt keines Leibes Blut essen; denn des Leibes Leben ist in seinem Blut. Wer es isst, der wird ausgerottet werden.“ Zudem bezieht sich die Religionsgemeinschaft auf eine Bibelstelle in Apostelgeschichte 15. Dort steht ab Vers 28: „Denn es gefällt dem Heiligen Geist und uns, euch weiter keine Last aufzuerlegen als nur diese notwendigen Dinge: dass ihr euch enthaltet vom Götzenopferfleisch und vom Blut und vom Erstickten und von Unzucht. Wenn ihr euch davor bewahrt, tut ihr recht. Lebt wohl!“

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