Haben Sie dieses Jahr schon den Kuckuck rufen hören? Wenn ja, dürfen Sie annehmen, dass es Mai ist. Denn für gewöhnlich kommt der Kuckuck am ersten Mai aus seinem Winterquartier zurück. Nicht immer auf den Tag genau, aber doch so ungefähr. Woher weiß er, dass Mai ist? Hat er doch weder Terminkalender noch Smartphone.
Wie Vögel ziehen, wie sie sich dabei orientieren und den passenden Termin für die Reise über die Kontinente finden – das ist ein Faszinosum der Natur unter unendlich vielen. Der Mai ist ein guter Monat, um sich die Wunder und Schönheiten der Schöpfung vor Augen zu halten. „Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottesgüt / des sich die Menschen freuen, weil alles grünt und blüht“, heißt es in einem Kirchenlied. Wer sich nicht an den bunten Blumen, dem üppigen Grün oder den singenden Vögeln freuen kann, der sollte es mit dieser Textzeile versuchen: „Die Tier sieht man jetzt springen mit Lust auf grüner Weid“ – YouTube-Videos können dabei helfen.
Das Lied verweist auf den Schöpfer, ruft zum Lob auf. Das ist ein zentrales biblisches Motiv, in den Psalmen etwa oder auch beim Apostel Paulus. Er erinnert im Römerbrief daran, dass jeder Mensch Gott in der Schöpfung entdecken kann. Das sieht auch der eine oder andere Wissenschaftler so. Der Astrophysiker Heino Falcke zum Beispiel präsentierte kürzlich mit seinem Team das erste Foto eines Schwarzen Loches. Er sagte vorige Woche beim Festival Spring: „Die Welt ist eine Schöpfung, ein Ausdruck Gottes – und wenn ich die Schöpfung untersuche, dann entdecke ich auch etwas über Gott selber.“ Er verwies darauf, dass viele große Naturwissenschaftler tiefgläubige Christen waren.
Die Schönheit hat Methode
Der Astronom Johannes Kepler, der Mathematiker Blaise Pascal und der Physiker Isaac Newton zum Beispiel. „Ich glaube, dass die Ursachen für die meisten Dinge in der Welt aus der Liebe Gottes zu den Menschen hergeleitet werden können“, soll Kepler gesagt haben. In der aktuellen Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung legt der Wissenschaftstheoretiker Olaf Müller dar, dass Kepler seine wissenschaftlichen Modelle – etwa zu den Abständen und Umlaufbahnen der damals bekannten Planeten – nach Kriterien der Schönheit entwickelte: „Weil das Weltall für das geistige Auge schön ist, eignet sich unser Sinn für Ästhetik ausgezeichnet als Kompass auf der Suche nach der physikalischen Wahrheit“, beschreibt Müller diesen Ansatz.
Schönheit als Grundlage für abstrakte Formeln? Das klingt wenig wissenschaftlich. Aber, wie Müller feststellt: Kepler und Kollegen hatten damit erstaunlichen Erfolg, ihre Modelle trafen in hohem Maße zu. Zwar lagen die Wissenschaftler, die einem ästhetischen Ansatz folgten, auch oft genug daneben, aber öfter richtig, „als man rationalerweise erwarten sollte“. Hinge der Sinn dieser Forscher für Ästhetik nur zufällig zusammen mit der Treffsicherheit ihrer Modelle, „dann grenzte dieser Erfolg an eine mysteriöse Serie von Hauptgewinnen im Lotto“.
Also scheint etwas dran zu sein an der Idee, dass die Relationen der Natur etwas mit Schönheit zu tun haben. Aber wenn das kein Zufall ist, worauf beruht es dann? Dieses Rätsel, so Müller, bleibe bis auf Weiteres ungelöst.
Bis das Gegenteil bewiesen ist, meine ich, dürfen wir darin einen Hinweis auf den Schöpfer sehen.