Dass Nikoläuse und Lebkuchen seit Oktober im Supermarkt in den Regalen stehen, daran haben wir uns schon lange gewöhnt. Wer dieser Tage in größeren Städten unterwegs ist, gewinnt den Eindruck, dass die Weihnachtszeit bereits im November beginnt.
Haben Sie Ihren Sonntag schon verplant? Ich schon. Notgedrungen. Ich wünschte, es wäre anders und ich müsste meinen Termin nicht wahrnehmen. Und doch ist er wichtig und wertvoll. Am Sonntag begehen die Kirchen im Land den Ewigkeitssonntag, oder wie der Volksmund den kirchlichen Feiertag nennt: „Totensonntag“.
Der Ewigkeitssonntag ist einer der „stillen Feiertage“ im Kirchenjahr. Und es ist einer der Sonntage, um innezuhalten und zu gedenken. Sich zu erinnern an etwas Leidvolles, an einen Verlust, an einen lieben Menschen, der gestorben ist. So ist es auch in meiner Familie. Im August mussten wir unseren Vater zu Grabe tragen.
Er hatte eine Krankheitsgeschichte, aber schließlich starb er doch schneller, als wir gedacht und gehofft hatten. Bis zu seinem Tod hatte ich noch nie eine Leiche gesehen. Und den Tod habe ich auch immer wieder gerne verdrängt. Deswegen war ich erleichtert, dass wir als Familie Abschied nehmen konnte, als der Zeitpunkt gekommen war.
Trauer braucht Räume
Den Tod verdrängen, das würden viele Menschen nur zu gerne – ich rechne mit da selbst mit ein. Und doch braucht es diese Räume. Räume, in denen der Tod eine Rolle spielt. Räume, in denen Trauer stattfinden und verarbeitet werden darf. In dem man mit Menschen redet: Über eigene Erlebnisse im Umfeld des Todes sowie den Umgang und über die Lücken, die der Verlust eines geliebten Menschen hinterlassen hat.
In unserer Kirchengemeinde werden am Ewigkeitssonntag die Namen der Verstorbenen des Kirchenjahres vorgelesen. Die Angehörigen bekommen im Gottesdienst eine Kerze, die sie an den Verstorbenen erinnern soll. So wird dieser Sonntag in der dunklen Jahreszeit dann noch einmal eine emotionale Herausforderung. Menschen, die mit der Perspektive des christlichen Glauben wenig anfangen können, haben ohnehin ihre Probleme mit diesem Feiertag.
Nicht zuletzt deshalb, weil die Freizeitgestaltung per Gesetz an diesem Tag eingeschränkt ist. Das muss man aushalten. Und doch wäre es töricht, diesen Sonntag zu ignorieren. Der Tod betrifft uns alle – und er trifft irgendwann jeden. Deswegen ist mir der Ewigkeitssonntag so wichtig, um einmal intensiver darüber nachzudenken, was der Tod konkret für mich bedeutet – und damit das Leben.
Die Kirchen haben an diesem Tag – und darüber hinaus – eine Botschaft, die sie dieser vermeintlichen Tristesse entgegensetzen: Ewiges Leben. Darauf ruhen auch mein Glaube und meine feste Hoffnung. Für manche ist das unglaublich. Auch deswegen lohnt sich der vermeintliche „Leerlauf“ des stillen Feiertags, um das noch einmal zu durchdenken.
Den Tod zu ertragen, nicht nur persönlich, sondern auch im Blick auf das, was gerade auf der Welt geschieht. Aber dann auch die christliche Hoffnung zu haben, dass uns noch etwas Besseres erwartet nach dem Tod.
Deswegen, liebe Mitmenschen, wartet noch ein wenig mit Euren Vorbereitungen auf Weihnachten. Jetzt hat erst einmal dieser stille Feiertag seine Berechtigung. Das gilt es auszuhalten, auch ganz persönlich. Alles hat seine Zeit, heißt es in einem bekannten Bibelwort. Die Weihnachtszeit beginnt eben erst nach dem Ewigkeitssonntag. Dann darf der weihnachtliche Glanz die Dunkelheit überstrahlen. Weil an Weihnachten das seinen Anfang genommen hat, was Christen die Perspektive über den Tod hinaus eröffnet.