Es hat ein Ende. Endlich, bin ich geneigt zu sagen. Vor drei Jahren, mit vielen Ambitionen und als selbsternannte „Fortschrittskoalition“ gestartet, ist das rot-grün-gelbe Politikprojekt krachend gescheitert. Denn von Fortschritt konnte schon seit Monaten keine Rede mehr sein. Ja, die Voraussetzungen waren schwierig. Denken wir nur an die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, den Ukraine-Krieg oder den Nahostkonflikt. Dazu kommen noch Unvermögen, Eitelkeiten und das Beharren auf eigenen Auffassungen.
Doch all das sind keine Entschuldigungen für das Trauerspiel, das am Mittwochabend seinen negativen, aber auch erlösenden Höhepunkt fand.
Auf Kindergartenniveau versuchen nun die Beteiligten sich gegenseitig den Schwarzen Peter zuzuschieben. Kanzler Olaf Scholz greift FDP-Chef Christian Lindner persönlich an, wirft ihm indirekt vor, soziale Brandstiftung zu betreiben. Lindner wiederum vermutet ein von langer Hand geplantes Manöver hinter seiner Entlassung. Die Grünen werfen Lindner in Person von Fraktionschefin Katharina Dröge vor, seinen Job nicht richtig gemacht zu haben, während sich FDP-Mann Konstantin Kuhle am Mittwochabend bei „Markus Lanz“ mit Grünen-Politiker Anton Hofreiter in die Haare bekam.
Eine Regierung kann scheitern. Das ist nicht schön, hat aber in einer Demokratie seinen Platz. Die Art und Weise dieses neuesten Scheiterns ist jedoch einer Demokratie unwürdig – und obendrein gefährlich. Denn es untergräbt das Vertrauen in die Selbige. Kurz nach der US-Wahl warnte die Direktorin der Akademie für Politische Bildung Tutzing, Ursula Münch: „Auch politische Auseinandersetzung in Deutschland wird sich auf mehr Lügen und Lügner einstellen müssen.“ Nun ist der Ampel-Bruch weit weg von den Lügen eines Donald Trumps. Doch der Mittwochabend und auch der Donnerstag mit all den gegenseitigen Unterstellungen, Unaufrichtigkeiten und Anschuldigungen haben gezeigt, dass auch hierzulande der Ton rauer wird.
Was also bleibt? Zum einen eine ganze Menge, dass die Ampel eben doch bewegt hat – egal, wie man inhaltlich dazu stehen mag. Meine Kollegin Anna Lutz hat eine entsprechende Übersicht zusammengestellt.
Zum anderen die Hoffnung auf baldige Neuwahlen. Darauf drängen vor allem die Union und Wirtschaftsverbände – wohl auch, weil es noch immer keinen Haushalt für 2025 gibt. Scholz dagegen möchte erst Mitte Januar die Vertrauensfrage stellen. Erst danach könnte der Bundespräsident auf Vorschlag des Kanzlers den Bundestag auflösen und so den Weg für Neuwahlen frei machen.
Im Sinne einer funktionierenden Regierung und dem Wunsch der Mehrheit der Bevölkerung sollte Scholz jedoch schnellstmöglich die Vertrauensfrage stellen.
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