Wer sich schon immer fragte, wer eigentlich die seltsamen Demonstranten sind, die in Berlin gegen das Infektionsschutzgesetz und Corona-Maßnahmen auf die Straße gehen und mit Wasserwerfern vertrieben werden müssen, der findet beim Nachrichtenmagazin Der Spiegel hilfreiche Antworten: vor allem Erzgebirger und Stuttgarter. Der Grund ist so naheliegend wie einleuchtend: Diese Regionen bilden die mythenumwobenen „Bible Belts“, Lebensräume von besonders verknarzten, auch „Evangelikale“ genannten frommen Christen.
Zudem sind das Regionen, die traditionell die Aufständischen der Gesellschaft beheimaten, weiß der Spiegel. Gewissermaßen die gallischen Dörfer Sachsens und Baden-Württembergs, deren Einwohner sich von der links-grün versifften staatlichen Übermacht nicht unterkriegen lassen wollen. „Renitenz und Protest sind hier seit Jahren gereift“, zitiert der Spiegel einen, der es wissen muss. Angelehnt an ihre pietistische Ideologie nennen sich ihre Einheiten „Pietkong“ – nach dem Vorbild der Guerillakämpfer im Vietnamkrieg. Ja, das Land muss befreit werden von den Unterdrückern und Grundrechteeinschränkern! Im Erzgebirge trotzten sie sogar der sozialistischen Diktatur! Dort sind ihre Kirchen selbst nach dem religiösen Kahlschlag so mit den frömmelnden Widerständlern gefüllt, dass sie kaum alle hineinpassen. Widerstand gegen Abstandsgebote liegt also in der Natur der Sache.
Keine Macht dem Fortschritt
Die „Evangelikalen“, man sagt ihnen übernatürliche Fähigkeiten durch Gebet nach, knüpfen weite Netzwerke, rufen in Chatgruppen und YouTube-Videos Gleichgesinnte zum Einsatz dieser transzendenten Kräfte auf. In diesen „Bible Belts“ haben sie bereits die ganze Gesellschaft unterwandert, weit über die Grenzen ihrer christlichen Gemeinden hinaus. Haben sogar politische Gremien infiltriert. Vom Siegerländer-mittelhessischen „Bible Belt“ ist da beim Spiegel noch nicht mal die Rede – wenn der wüsste! Im Erzgebirge haben die Aufständischen ein eigenes Wort für ihre Haltung, weiß der Spiegel, quasi einen Geheimcode: „fischelant“. Heimtückisch und hinterlistig haben sie das hochdeutsche „vigilant“ gekapert und in ihren Dialekt einverleibt. Man könnte sie also für ganz normale Bürger halten, aber wer genau hinhört, merkt: Das sind sie nicht!
Die Menschen im Erzgebirge, in Stuttgart und auf der Ostalb sind vor allem dagegen, betont der Spiegel. Gegen Corona, gegen Klima, gegen Gender, gegen Frauen, gegen Fremde und gegen die Moderne sowieso. Dem Fortschritt sind sie feind. Im Erzgebirge graben sie sich auf der Suche nach Lithium noch mit den Händen in die Bergwerksstollen. In Stuttgart verzögert sich der Neubau des Bahnhofs immer wieder, weil die Abluft der Dampfloks so schwer von den unterirdischen Bahnsteigen wegzubekommen ist – es gibt Gerüchte von Sabotage durch die Aufständischen. Die 45 Prozent seiner migrantischen Einwohner lässt das fremdenfeindliche Stuttgart in rußigen Automobilfabriken schuften.
Und nun eben Corona. Die frommen Widerständler fühlen sich herausgefordert, gegen satanische Gewalten anzukämpfen, heißt es. Ganze Reisebusse voll mobilisieren sie für ihre Demonstrationen und verbünden sich mit extremistischen Parteien, um die Corona-Krise für den politischen Umbruch auszunutzen. Die Machtübernahme von unten ist nur eine Frage der Zeit. Schließlich hat der „Querdenken“-Vordenker Michael Ballweg bei der Stuttgarter Oberbürgermeisterwahl aus dem Stand sagenhafte 2,6 Prozent der Stimmen bekommen. Ist ja klar, von wem die sind.