Für das "Hamburger Abendblatt" ist Reinhard Mohn neben Axel Springer der bedeutendste deutsche Verleger der Nachkriegszeit. Dabei wollte der gelernte Buchhändler Mohn eigentlich ein Ingenieurstudium beginnen, als er aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft heimkehrte. Aber dann krempelte der Ur-Ur-Enkel des Verlagsgründers Carl Bertelsmann die Ärmel hoch und räumte mit den verbliebenen 100 Mitarbeitern die Schuttberge weg. Ein Bombenangriff hatte die Druckerei zerstört, die Nationalsozialisten hatten einen Teil des Unternehmens geschlossen. 26 Jahre alt war Reinhard Mohn, als er das Familienunternehmen vom Vater Heinrich Mohn übernahm und mit dem Wiederaufbau begann.
Der "Bertelsmann Buchclub" und der "Bertelsmann Lesering" waren seine Ideen. Heute hat Bertelsmann in 24 Ländern 35 Millionen Clubmitglieder. Große Medienunternehmen wie beispielsweise der "Gruner und Jahr" Zeitschriftenverlag, die "RTL-Group" und die Verlagsgruppe "Random House" gehören zu dem Konzern.
"Wie kein zweiter Manager in Deutschland stellte er sich den Fragen nach der gesellschaftlichen Verantwortung des Unternehmers und entwickelte einen Wertekanon, strebte nach ethischen Prinzipien von allgemeiner Gültigkeit", beschreibt Spiegel-Redakteur Klaus Boldt den Unternehmer in seinem Artikel " Tod eines Wirtschaftsweisen".
"Wir verneigen uns vor seinem Lebenswerk"
Für den Vorstandsvorsitzenden der Bertelsmann AG, Hartmut Ostrowski, verkörperte Reinhard Mohn wie "kein anderer das weltoffene und den Mitarbeitern verpflichtete Unternehmen" Bertelsmann: "Er hat gesellschaftliche Verantwortung übernommen. (…) Reinhard Mohns Führungsverständnis basierte auf Werten wie Freiheit und Menschlichkeit. Wir verneigen uns mit größtem Respekt vor seinem Lebenswerk."
Immer wieder betonen Experten aus Wirtschaft und Politik die besondere Unternehmenskultur, die Mohn geschaffen hat und die heute für viele Unternehmer als modern und vorbildlich gilt. Er prägte einen partnerschaftlichen Führungsstil, beteiligte die Mitarbeiter am Unternehmensgewinn, und delegierte konsequent die Verantwortung an einzelne Ressorts.
"Reinhard Mohn hat seinen legendären unternehmerischen Erfolg als Medienunternehmer immer mit einem vorbildlichen gesellschaftlichen, kulturellen und sozialen Engagement verbunden. Wir trauern um eine großartige Persönlichkeit, die einen herausragenden Beitrag zum wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufbau der Bundesrepublik geleistet hat", würdigte Kulturstaatsminister Bernd Neumann den Verstorbenen.
Zahlreiche Auszeichnungen
1998 zeichnete der damalige Bundespräsident Roman Herzog Reinhard Mohn mit dem großen Bundesverdienstkreuz mit Stern aus. Außerdem erhielt er den Europäischen Stifterpreis, den Hans-Martin-Schleyer-Preis und den deutschen Gründerpreis.
Durch den Aufstieg von Bertelsmann gehörte Reinhard Mohn wohl zu den reichsten Deutschen. "Der Reichtum hat ihn nie verführt", urteilt das "Hamburger Abendblatt". "In seinem Umfeld suchte man vergebens nach Luxusyachten und anderem zum Angeben. Er wohnte auf einem Bauernhof bei Gütersloh, sein Hobby war jahrzehntelang Holzhacken", schreibt Stern-Autorin Beate Flemming in ihrem Nachruf bei dem Onlineportal "stern.de". Auch das Magazin "Der Stern" stammt übrigens aus dem Haus "Gruner & Jahr".
1977 gründete er die gemeinnützige Bertelsmann Stiftung, die heute über 70 Prozent der Bertelsmann-Anteile hält. Seit ihrem Bestehen hat die Bertelsmann Stiftung nach eigenen Angaben rund 805 Mio. Euro für gemeinnützige Arbeit zur Verfügung gestellt.
Natürlich veröffentlichte der Verleger auch eigene Bücher: 1986 erschien das Buch "Erfolg durch Partnerschaft: Eine Unternehmensstrategie für den Menschen". 2003 veröffentlichte er "Die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmers", und erst 2008 erschien der Titel "Von der Welt lernen: Erfolg durch Menschlichkeit und Freiheit".
Zu seinem 85. Geburtstag widmete die Bertelsmann Stiftung ihrem Gründer das Buch "Werte. Was die Gesellschaft zusammenhält" mit Beiträgen von Persönlichkeiten aus den Medien, Wissenschaft und Politik. Auch der evangelische Bischof und EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber und der Jesuitenpater und Sekretär der deutschen Bischofskonferenz, Hans Langendörfer, gehören zu den Autoren.
Der Verlag C. Bertelsmann mit Sitz in Gütersloh wurde im Jahr 1835 von Carl Bertelsmann gegründet und veröffentlichte zuerst christliche Lieder und Texte. Als 1850 der Sohn Heinrich Bertelsmann die Leitung übernahm, öffnete er das Verlagsangebot für Belletristik.
Heute arbeiten über 100.000 Menschen weltweit für das Bertelsmann Unternehmen. Allerdings geht die Finanzkrise auch an Bertelsmann nicht vorbei. Das Unternehmen gab kürzlich einen Halbjahresverlust von 333 Millionen Euro an. Seit Ende 2008 hat das Unternehmen 3.700 Arbeitsplätze abgebaut. Erst in der vergangenen Woche teilte Bertelsmann mit, dass 130 der 700 Mitarbeiter der Gütersloher Zentrale gehen müssen.