Virtueller Besuch des Petersdoms jetzt möglich

Seit kurzem ist ein Besuch des Petersdoms virtuell möglich: Gemeinsam mit Microsoft hat der Vatikan mittels Tausender Fotos einen „digitalen Zwilling” erstellt, den man kostenlos über das Internet betrachten kann.
Von Jörn Schumacher
3D-Darstellung des Petersdoms

Der Vatikan hat gemeinsam mit dem Software-Unternehmen Microsoft eine digitale Repräsentation des Petersdoms erstellt. Der Besuch der größten Kirche der Welt ist ab jetzt kostenlos auf der Webseite virtual.basilicasanpietro.va möglich. Der Petersdom trägt den offiziellen Namen Basilika Sankt Peter, er hat mit 186,36 Metern das längste Kirchenschiff der Welt. Der Vorgängerbau der heutigen Basilika wurde um das Jahr 324 von Konstantin dem Großen dort erbaut, wo man das Grab des Petrus vermutete. Das heutige Gebäude mit der 133 Meter hohen Kuppel wurde 1626 fertiggestellt.

Die interaktive Website bietet zum einen einen geschichtlichen Überblick über das Leben des Apostels Petrus. Zu jeder einzelnen Etappe gibt es Links zu den jeweiligen 3D-Modellen der betreffenden Kunstwerke innerhalb des digitalen Petersdoms. Interessant ist zudem der geschichtliche Überblick über die Entstehung der berühmten Kirche in Form von 3D-animierten Filmchen. Die virtuelle Zeitreise, die von einem Sprecher begleitet wird, beginnt mit dem Sumpf, der sich an dieser Stelle noch vor 1.900 Jahren dort befand. Später war dort ein großer Platz, auf dem unter anderem die ersten Christen hingerichtet wurden; auch Petrus befand sich darunter. Es endet mit einer digitalen Ansicht der heutigen Basilika innerhalb des modernen Vatikanstaates.

Die Anforderungen an die Anwender-Hardware sind hoch. Eine schnelle Internet-Leitung, ein Computer mit starker Grafikkarte sind von Vorteil, eine Bedienung über ein Laptop-Mauspad ist umständlich. Ein weiterer Tipp: Im Vollbildmodus des Browsers sieht der virtuelle Besuch noch besser aus. Wenn man die Gegenstände allzu nah heranzoomt, ist ihre 3D-Darstellung dann irgendwann doch nicht mehr ganz so hochaufgelöst. Ob es demnächst auch eine Virtual-Reality-Version für VR-Brillen geben wird, ist nicht bekannt; da die photogrammetrischen Daten aber ohnehin vorliegen, läge dieser Schritt eigentlich nahe.

KI fügte Drohnen-Fotos zusammen

Möglich wurde der 3D-Besuch im virtuellen Petersdom durch 400.000 Fotos, die innerhalb von vier Wochen im Sommer 2023 von zwei Drohnen mit hochauflösenden Kameras und Laserscannern gemacht wurden. „Es ist wahrscheinlich das ambitionierteste Projekt dieser Art, das die Menschheit bisher gesehen hat“, sagte Microsoft-Chef Brad Smith bei der Vorstellung der Website in Rom. Die produzierte Datenmenge von 22 Petabytes entspreche dem Volumen von fünf Millionen DVDs, sagte der Microsoft-Chef. Aufeinandergestapelt würden diese eine Höhe von sechs Kilometern erreichen. Der Algorithmus einer Künstlichen Intelligenz fügte die detailreichen Aufnahmen wie Puzzleteile zusammen.

Im Projekt „AI for Good Lab“ von Microsoft arbeitete zudem ein KI-Algorithmus daran, zu erkennen, wo Risse sind oder Stücke in Mosaiken fehlen. Dies soll in weiteren Arbeitsschritten Experten bei der Restauration des alten Gebäudes helfen.

Die neue virtuelle Ausstellung wird nun an zwei Orten innerhalb der Basilika zu sehen sein; vor allem aber ermöglicht das interaktive Webportal, den Dom ohne langes Anstehen zu besuchen. Der virtuelle Besuch wird von Audioguides auf Italienisch, Englisch, Spanisch und Französisch begleitet.

Der Erzpriester des Petersdoms, Kardinal Mauro Gambetti, sagte bei der Vorstellung: „Wir wollen mit dem Projekt dank der digitalen Technologie die Geschichte, Kunst und Spiritualität, die die Basilika weltweit einzigartig macht, für die Menschen heute erfahrbar machen. Wenn die Menschen, die die Basilika betreten, das Geheimnis, das sie inspiriert hat und ausstrahlt, irgendwie verstehen, ist unsere Mission erfüllt.“

Microsoft-Chef Smith fügte hinzu: „Wir sind heute hier, weil Petrus vor 2.000 Jahren hier war.“ Es gehe auch darum, das Leben und Wirken von Petrus sowie die reiche und wechselvolle Geschichte der Kathedrale über die Jahrhunderte zu erzählen, in der die größten Renaissance-Architekten und -Künstler wirkten. Für jüngere Menschen soll es außerdem ab Januar 2025 ein „Minecraft“-Bildungsprojekt geben. Dabei kann man den Petersdom über das bekannte Online-Spiel „Minecraft“ kennenlernen, sagte Gambetti.

Wie der österreichische Sender ORF berichtet, empfing Papst Franziskus die verantwortliche Projektgruppe und lobte ihre Arbeit. „Was Sie tun, ist wunderbar“, sagte der Papst. Der Petersdom als „Haus des Gebets für alle Völker“ müsse auch mit modernsten Technologien bewahrt werden, sowohl im spirituellen als auch im materiellen Sinne. „Diejenigen, die glauben, und diejenigen, die den Glauben suchen; diejenigen, die kommen, um die vielen künstlerischen Schönheiten Roms zu betrachten, und diejenigen, die seine kulturellen Codes entschlüsseln wollen“, so Franziskus.

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