Religion ist ein wesentlicher Bestandteil der Videospielkultur. Viele Spiele stellen den Glauben ganz bewusst als Bestandteil ihrer Welt dar – allerdings viel zu klischeebehaftet. Diese Sicht vertritt Dom Schott in einem Beitrag des Online-Portals Gamespilot.
Von PRO
Foto: GameChurch Deutschland
Die GameChurch ist aus Sicht von Dom Schott ein Beispiel dafür, wie sich gläubige Spieler mit kritischen Inhalten in Videospielen auseinandersetzen
Computerspiele greifen häufig religiöse Symbole, Elemente oder Traditionen auf. Mal bewusst, mal eher am Rande. In vielen Rollenspielen erfüllten Neuankömmlinge etwa das religiöse Motiv des Heilsbringers, „der als mächtiges Individuum starken Einfluss auf eine Gesellschaft ausübt, zu der er selbst nicht gehört“.
Typische Klischees bedienen?
Gamespilot-Autor Dom Schott bemängelt allerdings, dass Religion und ihre Vertreter in Videospielen zu einem Klischee geworden seien. Die Spiele stellten eine stark institutionalisierte Kirche dar, die machtpolitische Ambitionen durchsetzen wolle. Im Spiel „Dragon Age“ etwa empfinde der Spieler die Kirche als Gegenspieler, der ständig Macht und Einfluss sichern wolle. Der Ego-Shooter „BioShock Infinite“ persifliere das Christentum sowie baptistische Praktiken und lasse am Ende die Heilsbotschaft der Religion an der Menschheit scheitern. Das Weltbild der Computerspiele scheine „von Atheisten für Atheisten gemacht“. Das Bild der virtuellen Religionen sei ein möglicher Zugang für atheistische Spieler, eine Identifikationsgrundlage. „Doch diese Eintrittstür bleibt einer weiteren, großen Community verschlossen: Gläubige Spieler“, schreibt Schott.
Bei positiven Gegenbeispielen bleibe das Thema nur an der Oberfläche. Bei „Diablo III“ finde der positive Rückbezug auf Religion nur im Kontext der Gewalt statt. Diese Bilder in den Spielen formten auch das Bild in der Realität. „Das Bild der virtuellen Religionen wirft keine Fragen auf, sondern bestätigt die Annahmen von nicht-gläubigen Spielern, die religiösen Systemen gegenüber kritisch eingestellt sind“, findet Schott.
Bewusstseinswandel erwünscht
Er wünscht sich, dass das Bild der Religion in Videospielen einen Bewusstseinswandel vollzieht. Gerade gläubige Spieler sollten die Darstellungen nicht als selbstverständlich hinnehmen. Schott vermisst Texte religiöser Menschen, die aus der Insider-Perspektive berichten. Als Beispiel, wie es funktionieren könne, nennt er die GameChurch Deutschland. Sie reflektiere sehr über die Titel und rege zum Austausch an.
Auch andere Gläubige machten sich Gedanken über das Bild der Religion in Videospielen. Ihnen sei fast durchweg aufgefallen, dass Religion und Kirche oft eher negativ dargestellt werden. Dies falle gläubigen Spielern offenbar sehr viel bewusster auf. Ihnen sei aber auch bewusst, dass Videospiele eben Spiele seien und nicht die Realität. Christliche Spieler hätten mit Mord und Gewalt „dank der oft übertriebenen, abstrakten Darstellungen kein Problem“, würden allerdings meistens keine Beschwörer-Charaktere oder Okkultisten spielen.
Aus Schotts Sicht dürften die Videospiele sehr wohl Religion und Glaube karikieren. Sie könnten aber zudem auch „Aha“-Momente bieten, die zu einem Hinterfragen anregen. Als Beispiel nennt er das Computerspiel „That Dragon, Cancer“. Der Spieler muss einen an Krebs leidenden Sohn aus dem Leben verabschieden. Die Trauergemeinde versammelt sich in einer Kirche und versucht, Trost zu finden. „Während christliche Spieler diese Szenen als Teil ihres Alltags erkennen, können sich auch Nicht-Christen mit dem Ritual aus der sicheren Perspektive des Beobachters auseinandersetzen“, erklärt Schott. In der Videospiel-Szene habe dieser Stoff Spuren hinterlassen: mit einer Mischung aus Unwohlsein und einem Gefühl von Anteilnahme. Für Schott liegt es in „unserer Hand, wie die Videospielkultur von morgen aussieht, wenn wir die Probleme von heute erkennen und endlich lösen. Davon profitieren letztendlich alle Spieler, ob nun streng gläubig, atheistisch oder Jünger des Spaghetti-Monsters“. (pro)
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