Verzicht auf Weihnachtsbaum: Cancel Culture in der Kita?

Eine Kindertagesstätte in Hamburg möchte in der Adventszeit keinen Weihnachtsbaum in ihrer Einrichtung aufstellen. Als Grund führt sie die Religionsfreiheit der Kinder an – und erntet dafür heftige Kritik.
Von Johannes Blöcher-Weil
Ein festlich geschmückter Weihnachtsbaum

Die Kindertagesstätte „Mobi“ im Hamburger Stadtteil Lokstedt ist in die Schlagzeilen geraten. Die Leitung hat in einem Brief an die Eltern erklärt, dass sie „im Sinne der Religionsfreiheit“ in diesem Jahr auf einen Weihnachtsbaum verzichtet. Das Schreiben hat der Kita nun Hass und Hetze in den Sozialen Medien beschert.

Das „Hamburger Abendblatt“ zitiert aus dem Brief der Einrichtung: „Wir haben uns im Team dagegen entschieden, da wir kein Kind und seinen Glauben ausschließen wollen.“ Die Räume seien zwar geschmückt und es wurden Adventskalender gebastelt, aber auf den Baum verzichte die Kita in diesem Jahr.

Ein Vater sprach in den sozialen Medien gar von „Cancel Culture“ im Blick auf die Entscheidung. Träger der Einrichtung ist die „Stiftung Kindergärten Finkenau“. Laut Vorstandsmitglied Linda Köster entscheide jede ihrer 30 Einrichtungen selbst über den Schmuck in den Räumen und darüber, welche Traditionen aufgenommen werden.

Drohungen und Erpressungsversuche

Die Stiftung klagte am Donnerstag auf ihrer Internetseite über „massive rassistische Drohungen, persönliche Beleidigungen, Anschuldigungen und Erpressungsversuche“. In den letzten zehn Jahren habe es nur drei Mal einen Weihnachtsbaum gegeben, teilte die Stiftung mit. Und es habe keinen öffentlichen Aufschrei gegeben.

Allerdings seien einige Passagen des Briefes unglücklich formuliert, gab die Stiftung zu. In dem Schreiben hieß es unter anderem: „Es sollen keine christlichen Feste gefeiert werden.“ Es sei allerdings falsch, der Kita die Abschaffung christlicher Traditionen zu unterstellen. Die Kinder sollten „neben christlich geprägten Festen auch andere kulturelle Gepflogenheiten“ kennenlernen.

Die unglückliche Formulierung sei leider in eine undifferenzierte Berichterstattung gemündet. Die Elternvertreter kritisierten in einem offenen Brief die „Instrumentalisierung einer kitainternen Entscheidung“ und verurteilten „jede Form der Anfeindungen gegen die Einrichtung“ und deren Mitarbeiter.

Söder bezeichnet Vorgang als „absurd“

In die Debatte um die Kita hatten sich sogar Spitzenpolitiker eingeschaltet. CSU-Chef Markus Söder bezeichnete den Vorgang in den Sozialen Medien als „absurd“. Am Donnerstag hatte ein Bürger auf eigene Faust einen Weihnachtsbaum samt Geschenken vor der Einrichtung platziert. Laut Nachrichtenportal t-online soll die Kita-Leitung daraufhin Strafanzeige gestellt und den strittigen Baum wieder entfernt haben, weil es sich um Hausfriedensbruch handele.

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