Verfassungsgericht-Präsident: Gottesbezug in Grundgesetz ist verbindlich

Bei einem Empfang der Evangelischen Kirche hat der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Harbarth die Bedeutung des Gottesbezugs in der deutschen Verfassung betont.
Von Martin Schlorke
Stephan Harbarth

Bundesverfassungsgerichts-Präsident Stephan Harbarth hat am Mittwoch in Berlin vor Vertretern aus Politik und Kirche an die Bedeutung des Gottesbezugs in der deutschen Verfassung erinnert. Die Präambel beginnt mit den Worten „Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen …“. Dieses Bekenntnis sei für Juristen ein schwieriges Terrain. Denn dabei handele es sich um einen „verbindlichen Teil“ der Verfassung, erklärte Harbarth. Zeitgleich sei dieser Teilsatz in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nur wenig ausgeleuchtet.

Die Bedeutung des Gottesbezugs könne man mit den Worten Carlo Schmids, einem der Väter des Grundgesetzes, wie folgt beschreiben: „Die Präambel ist nicht nur ein illustrierender, dekorierender Vorspruch, sondern so etwas wie das Zeichen auf dem Notenblatt, das die Tonart des Stücks bestimmt.“

Grundgesetz mit transnationaler Tragweite

Aus Sicht von Harbarth, der von 2009 bis 2018 für die CDU im Deutschen Bundestag saß, erkennt dieser Teil der Präambel an, dass es eine höhere Instanz als den Menschen gibt. Daraus leite sich das eigene menschliche Handeln direkt ab. Zudem betonte der höchste deutsche Jurist die transnationale Tragweite. „In Verantwortung vor den Menschen“ meine nicht ein abstraktes Menschenbild oder ein einzelnes Staatsvolk. Vielmehr zeige sich darin eine universelle Dimension.

Diese sei zudem zukunftsweisend. Die Verantwortung vor dem ewigen Gott gelte auch für nachfolgende Generationen. Da es sich aber nicht um einen einmaligen Willensakt, sondern um ein fortwährendes Bekenntnis handele, müssten auch künftige Generationen sich für die Bewahrung einsetzen. Harbarth warnte jedoch, dass „auch die beste Verfassung auf Dauer keinen Erfolg haben kann, wenn sie keine Menschen antrifft, die sich leidenschaftlich für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einsetzen“.

Fehrs: Christlicher Glaube und völkisches Denken sind unvereinbar

Zuvor warb die amtierende EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs in ihrem Festvortrag für ein friedvolleres Miteinander. Dazu gehöre aufeinander zu hören, aber ebenso ein kontroverser Diskurs: „Wenn wir Hass und Hetze den Boden entziehen wollen, müssen wir mehr voneinander verstehen.“ Eine gute und demokratische Kultur lebe davon, Dinge beim Namen zu nennen. Dazu gehöre jedoch auch ein guter Ton. Das gelte in der Kirche und in der Politik gleichermaßen.

Zu dieser Klarheit gehöre auch, antisemitische und rassistische Positionen klar als solche zu benennen. Fehrs betonte zudem, dass völkisches Denken mit christlicher Haltung nicht vereinbar sei. „Das ist so und das bleibt auch so.“ Das gelte auch für Parteien, die mit Hassrede und Fake News den demokratischen Diskurs zerstören – „ganz bewusst“.

Wie im vergangenen Jahr ihre Vorgängerin Annette Kurschus sprach auch Fehrs über die aktuelle Asylpolitik. Dabei verteidigte sie das Kirchenasyl gegen Angriffe. Dieses sei nicht das Problem, sondern „Teil der Lösung“.

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