Im Mai 2020 hat der Deutsche Bundestag das „Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen“ beschlossen. Damit sollen Minderjährige und nicht einwilligungsfähige Erwachsene vor Therapien gegen Homosexualität geschützt werden. Mit einer Handreichung informiert die Deutsche Evangelische Allianz (DEA) über den Inhalt des neuen Gesetzes, mögliche Folgen und gibt Tipps, wie mit dem Gesetz umgegangen werden kann.
„Wir haben eine Fülle von Anfragen aus Gemeinden erhalten, wie mit dem Gesetz umgegangen werden soll“, erklärt der Politikbeauftragte der DEA, Uwe Heimowski, auf Anfrage. Aus Telefonaten und Emails sei eine tiefe Verunsicherung der Gemeinden beim Umgang mit dem Thema Homosexualität erkennbar. Das neue Gesetz billige christlichen Gemeinden aber im Rahmen von Religions- und Meinungsfreiheiten durchaus Freiräume zu. „Davon sollen die Gemeinden mutig Gebrauch machen“, sagte Heimowski. Gespräche mit Homosexuellen sollen laut der Handreichung immer von Ergebnisoffenheit geprägt sein. Prinzipiell fordert die DEA einen „wertschätzenden Umgang“ mit dem Thema und „sachlichen Ton in Bezug auf unterschiedliche Lebensweisen“ als eine Selbstverständlichkeit.
Biblische Glaubensüberzeugung zum Ausdruck bringen
Die Handreichung erklärt, worum es bei dem neuen Gesetz geht, gibt einen Überblick über dessen Entstehung und zeigt mögliche Folgen für die gemeindliche Praxis. Eine Beratung homosexueller Menschen, die von sich aus den Wunsch nach Veränderung äußern und eine „fachkundige Begleitung“ suchen, wird nach Einschätzung der DEA „nicht vom Wortlaut des Gesetzes erfasst“. Für die Verkündigung gelte, dass „eine biblische Glaubensüberzeugung“ zum Ausdruck gebracht werden dürfe, die Homosexualität als Sünde bezeichne. „In der Predigt darf allerdings weder von Homosexualität als einer Krankheit gesprochen noch für eine Behandlung zur Veränderung der sexuellen Orientierung geworben werden“, lautet es in der DEA-Handreichung.
Folgendes ist nach Einschätzung der DEA weiterhin erlaubt:
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„Die Verkündigung darf eine biblische Glaubensüberzeugung zum Ausdruck bringen, die Homosexualität als Sünde bezeichnet“
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Literaturhinweise, „sofern darin nicht für konkrete Dienste oder Einrichtungen zur Veränderung oder Unterdrückung der Sexualität geworben wird“
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Informationen über Organisationen, die „eine ergebnisoffene Beratung anbieten“
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Hinweise auf „seelsorgerische oder psychotherapeutische Gespräche, die einen Austausch über die Lebenssituation des Betreffenden, über etwaige Glaubensgebote oder den Umgang mit der eigenen sexuellen Orientierung zum Gegenstand haben“
Folgendes ist nach Einschätzung der DEA nun verboten:
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In einer Predigt darf nicht von Homosexualität als einer Krankheit gesprochen werden
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Die Verkündigung darf nicht für eine Behandlung zur Veränderung der sexuellen Orientierung werben
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Persönliche Lebenszeugnisse dürfen kein konkretes Angebot von „am Menschen durchgeführten Behandlungen, die auf die Veränderung oder Unterdrückung der sexuellen Orientierung oder der selbstempfundenen geschlechtlichen Identität gerichtet sind (Konversionsbehandlung)“, darstellen, dafür werben oder es vermitteln
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Jugendliche dürfen keinem „Zwang ausgesetzt werden, der auf Veränderung oder Unterdrückung gleichgeschlechtlichen Empfindens zielt“
Gemeinden waren vielfach hartherzig
Die DEA rät Gemeinden, ihre Mitarbeiter in der Jugendarbeit „zum Schutz der Jugendlichen und zu ihrer eigenen Sicherheit“ in Themen der Sexualität fortzubilden. Weil Verstöße gegen das neue Gesetz mit Freiheitsstrafe oder Geldbußen bis 30.000 Euro bestraft werde können, empfiehlt die DEA dort, wo „im konkreten Einzelfall rechtliche Unsicherheit“ besteht, „fundierte juristische Beratung durch kompetente Rechtsanwälte“.
Die Handreichung zum neuen Gesetz beinhaltet zudem Leitgedanken zu Ehe und Homosexualität, wie die Allianz sie schon 2017 formuliert hatte. Darin heißt es: „Die in der Bibel beschriebene homosexuelle Praxis ist mit dem Willen Gottes und damit dem biblischen Ethos unvereinbar“ und „homosexuelle Partnerschaften der Ehe nicht gleichgestellt werden können“. Dabei bekennt das Netzwerk evangelikal gesinnter Christen aus Kirchen und Freikirchen, „dass auch christliche Gemeinden vielfach durch Hartherzigkeit, Arroganz und verurteilendes Verhalten Homosexuellen gegenüber schuldig geworden sind“.
Von: Norbert Schäfer