Geht es nach Verbänden wie „Pro Familia“, dem „Deutschen Frauenrat“, den „Evangelischen Frauen in Deutschland“ oder „Terre des Femmes“, dann wird der Paragraf 218 im Strafgesetzbuch in seiner jetzigen Form gestrichen. Und zwar noch innerhalb des kommenden Jahres. Dazu forderte ein Bündnis verschiedener Organisationen die Regierung nun auf – und legte gleich einen Gesetzesentwurf als Vorschlag vor.
Abbruch bis 22. Woche nach Empfängnis rechtens
Dieser sieht vor, dass Schwangerschaftsabbrüche bis zur 22. Woche nach der Empfängnis rechtens sind. Straffrei wären sie für die betroffenen Frauen auch danach, denn der Artikel 218 sieht in der neuen Variante nur noch eine Strafe für jene vor, die Frauen etwa zu einer Abtreibung zwingen. Alles Weitere wäre nach diesem Vorschlag im Schwangerschaftskonfliktgesetz geregelt und damit außerhalb des Strafrechts.
Die bisherige Beratungspflicht würde durch ein Recht auf Beratung ersetzt. Folglich müssten Frauen vor einem Abbruch keine Beratungsstelle mehr aufsuchen, sollten sie dies aber wünschen, muss ihnen umgehend ein Termin gewährt werden.
Erstellt wurde der Gesetzesentwurf von drei Expertinnen, die auch in der extra zur Bewertung der Sachlage eingesetzten „Kommission für reproduktive Selbstbestimmung“ der Bundesregierung saßen: Liane Wörner, Maria Wersig und Friederike Wapler.
Wörner erklärte am Donnerstag vor Pressevertretern, die Regelung außerhalb des Strafrechts mache Schwangerschaftssbrüche zu einer „rechtmäßigen Gesundheitsleistung“, die dann von den Krankenkassen finanziert würde.
Müssen Krankenhäuser Abbrüche durchführen?
Wapler betonte, sie halte eine Bestrafung auch für Frauen, die eine Schwangerschaft nach der 22. Woche beenden ließen, für nicht angemessen, denn es handle sich um Situationen „großer Tragik“. Ärzte hingegen müssten bei einer Abtreibung nach der entsprechenden Frist, mit berufsrechtlichen Konsequenzen entsprechend ihrer Berufsordnung rechnen. Die Expertinnen gehen aber davon aus, dass es sich hier um „sehr seltene Fälle“ handeln würde.
Sollte es tatsächlich zu einer Abschaffung des Abtreibungsverbots kommen, könnte das laut den Expertinnen auch Auswirkungen auf die Handhabung von Abbrüchen in Krankenhäusern haben. Maria Wersig wies darauf hin, dass es dann auch für konfessionelle Krankenhäusern in öffentlicher Trägerschaft schwierig würde, Abtreibungen grundsätzlich abzulehnen. Alicia Baier von der Organisation „Doctors for Choice“ sprach gar davon, dass die Bereitschaft, Abbrüche durchzuführen, in einen Katalog der Einstellungskriterien für Ärzte aufgenommen werden könnte, um einer derzeitigen Versorgungslücke entgegenzuwirken.
„Entwurf verabschiedet sich von jedem Schutzkonzept“
Kritik am Vorschlag der Verbände kam unmittelbar aus der Unionsfraktion. Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), Vorsitzende des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag, teilte mit, die Vorschläge seien unvereinbar mit den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts. „Der Entwurf verabschiedet sich von jedem Schutzkonzept für das ungeborene Kind.“ Und weiter: „Schon heute überlässt die geltende Regelung die Entscheidung über den Abbruch allein der betroffenen Frau. Sie sichert aber zugleich eine informierte Entscheidung ohne Druck durch Dritte nach einer umfassenden Beratung.“
Die Debatte um eine Abschaffung des Paragrafen 218, der den Schwangerschaftsabbruch regelt, ist derweil auch im Bundestag im Gange. Zwei der Regierungsparteien, Grüne und SPD, haben Fraktionsbeschlüsse für eine Abschaffung vorgelegt. Die FDP-Fraktion gibt sich zurückhaltend, zuletzt erklärte etwa der FDP-Sozialpolitiker Pascal Kober gegenüber PRO, seine Fraktion sei mehrheitlich gegen eine Gesetzesänderung und werde sich dem auch innerhalb der Ampel-Regierung entgegenstellen. Er glaube nicht an eine Gesetzesänderung noch in dieser Legislaturperiode. Auch die CDU/CSU-Fraktion hat sich entschieden gegen eine Novellierung ausgesprochen.