Die US-Regierung ließ Eltern als illegale Einwanderer einsperren, und deren Kinder wurden in teils gefängnisähnlichen Betreuungseinrichtungen verwahrt. Bereits wenige Tage nach Trumps Dekret verordnete der Bundesrichter Dana Sabraw jedoch, dass die Regierung Eltern und Kinder wieder zusammenführen muss, und zwar binnen 30 Tagen. Die Frist lief am Donnerstag ab. Noch rund 900 Migrantenkinder sind von ihren Familien getrennt, in vielen Fällen sind die Eltern schon abgeschoben worden.
Die Behörden brachten Hunderte von betroffenen Familien zu christlichen Organisationen, damit sie dort Hilfe bekommen. Reporter von Associated Press (AP) besuchten die Einrichtungen und berichten von erschütternde Szenen in Texas und Arizona.
Die ankommenden Kinder benötigten Essen, Kleidung und eine vorläufige Unterkunft, berichtet AP. „Viele standen wegen der Wochen in Haft noch unter Schock“, schreibt ein Reporter. Die Reporter berichten etwa von einer Frau namens Natalia Oliveira da Silva, eine Mutter aus Brasilien, die bei der Organisation Catholic Charities in San Antonio in Texas Hilfe fand. Als ihre fünf Jahre alte Tochter Sara aus dem Auto stieg, sei sie sofort in die Arme ihrer Mutter gelaufen und habe ihr gesagt: „Sie werden uns nie wieder auseinanderbringen, oder?“ Seit Mai waren die beiden voneinander getrennt gewesen. Nun spüre Natalia, dass ihre Tochter wütend auf sie ist, weil sie die Trennung nicht verhindern konnte, berichtet sie.
Catholic Charities sammelte laut Angaben von AP bisher Hilfsgelder in Höhe von 127.000 US-Dollar und bekommt Unterstützung von über 300 freiwilligen Helfern.
Carlos Fuentes Maldonado aus Honduras berichtet, dass seine einjährige Tochter Mia ihre Eltern zunächst gar nicht erkannte. Mia und ihre vier Jahre alte Schwester waren zu einem Hilfsprojekt in Arizona gebracht worden.
Widerrufung nach starken Protesten – auch von Kirchen
Seit April hatte Trump unter dem Stichwort einer „Null-Toleranz-Politik“ an der Grenze zu Mexiko Kinder von ihren Eltern trennen lassen – ohne einen Plan vorzulegen, wie die Familien wieder zusammengeführt werden würden.
Dies wurde von vielen als Abschreckungsversuch interpretiert: Jeder illegale Grenzübertritt sollte mit Freiheitsentzug bestraft werden. Da in den USA Kinder aber keine Haftstrafen absitzen können, entschloss sich die Regierung dazu, die Familien zu trennen. Die Eltern wurden in Gefängnisse, die Kinder in Auffanglager gebracht. Wer illegal einreisen oder Asyl in den USA suchen wollte, würde es sich unter diesen Umständen zweimal überlegen, so die Logik der Regierung. Daraufhin waren Bilder und Videos von weinenden Kindern in Großraumkäfigen um die Welt gegangen. Unter großem öffentlichen Druck hatte Trump das Gesetz zur Familientrennung per Erlass widerrufen – angeblich aus Ressourcenmangel.
Anfang Juli hatte eine Kirche im US-Bundesstaat Indiana aus Protest gegen die Migrationspolitik des Präsidenten die Heilige Familie hinter einem Gitterzaun eingesperrt. Vor der „Christ Church Cathedral“ in Indianapolis standen die Statuen von Maria und Josef mit dem Jesuskind zusammengepfercht auf wenigen Quadratmetern, umgeben von einem mannshohen Maschendrahtzaun. „Die Heilige Familie war obdachlos“, sagte Stephen Carlsen, Dekan und Direktor der „Christ Church Cathedral“, der Tageszeitung „Chicago Sun Times“. „In der Bibel lesen wir, dass wir unseren Nächsten lieben sollen wie uns selbst.“ Unter dem Motto „Every Family is holy“ („jede Familie ist heilig“) hatte die Kirche bereits andere Demonstrationen gegen Trumps Migrationspolitik organisiert.
Von: Jörn Schumacher