Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, bereitet sich Facebook auf die US-Wahl vor und will unter anderem verhindern, dass vorschnell ein möglicher Gewinner der Wahl bekannt gegeben wird. Laut der Zeitung sagte das der Facebook-Manager Nick Clegg am Dienstagabend in einer Telefonkonferenz mit europäischen Journalisten.
Der amtierende US-Präsident Donald Trump hatte auf Nachfragen, ob er im Falle einer Abwahl sein Amt friedlich seinem Nachfolger übergeben wolle, bislang ausweichend geantwortet. Schon jetzt bezweifelt er, dass im Falle eines Wahlsieges seines demokratischen Herausforderers Joe Biden die Wahl rechtlich einwandfrei durchgeführt worden sein wird. Für den Fall von gewaltsamen Ausschreitungen sei Facebook gewappnet, sagte Clegg, dabei könne Facebook auf Erfahrungen aus anderen Ländern zurückgreifen.
Anlass zur Sorge bereiteten zunehmend viele Falschmeldungen in sozialen Netzwerken, die das Verhalten der amerikanischen Wähler beeinflussen könnten, heißt es weiter. Die FAZ schreibt: „Facebook-Gründer Mark Zuckerberg war nach der Präsidentenwahl 2016 in die Kritik geraten, weil er diese Gefahr damals unterschätzt hatte.“ Daraus habe Facebook nun gelernt, erklärte der Unternehmenschef. So sollen im sozialen Netzwerk politische Anzeigen eingeschränkt werden; eine Woche vor der Wahl am 3. November solle es gar keine Anzeigen mehr geben.
„Virtueller War Room“ bei Facebook zur US-Wahl
Gegen Fake News geht Facebook mit Warnhinweisen vor. Untersuchungen hätten gezeigt, dass 95 Prozent der Fake News gar nicht erst angeklickt würden, wenn ein solcher Hinweis angeheftet wird. Facebook zieht das der Löschung vor, da diese einen zu großen Eingriff in die Meinungsfreiheit darstelle.
In einem Interview der Financial Times hatte Clegg vor einer Woche versichert: „Es gibt für uns im Notfall einige Optionen, falls es extrem chaotische oder gewaltsame Verhältnisse geben sollte.“ Auf die Art dieser Optionen ging Clegg nicht weiter ein.
In diesem Jahr wird die Briefwahl wegen des Coronavirus eine besonders große Rolle spielen. Es ist laut der Financial Times nicht ausgeschlossen, dass Trump über seine Social Media-Kanäle die Wahlergebnisse anficht oder sogar zu gewaltsamen Protesten aufruft. Clegg fügte hinzu: „Wir sind in anderen Teilen der Erde aggressiv vorgegangen, wo wir von einer unstabilen Situation im Staat ausgingen, und wir haben Werkzeuge, das wieder zu tun.“ Die Financial Times fügte hinzu, Facebook habe etwa bei Unruhen in Sri Lanka und Myanmar reagiert und die Verbreitung von Inhalten eingeschränkt, wenn deren Autoren mehrfach die Regeln des Netzwerkes ignorierten.
Angesichts der bevorstehen US-Wahl habe Facebook einen „virtuellen War Room“ eingerichtet, das „Election Operations Centre“, so Clegg. Dort soll „verdächtige Aktivität“ im sozialen Netzwerk festgestellt und dafür gesorgt werden, dass gesicherte Wahl-Prognosen und -Ergebnisse verbreitet werden anstatt Falschmeldungen. Anfang September wurde Facebook dafür kritisiert, nichts gegen eine Gruppe unternommen zu haben, in der private bewaffnete Milizionäre dazu aufriefen, Demonstranten bei Protesten in Kenosha gewaltsam anzugreifen. In der Staat im US-Bundesstaat Wisconsin hatte ein 17-Jähriger zwei Teilnehmer einer Demonstration erschossen. Clegg sagte, Facebook unternehme „proaktive Säuberungen“ bei gefährlichen Gruppierungen.
Von: Jörn Schumacher