Unfairer Israel-Bericht: Wassernot in der „Tagesschau“-Redaktion
Ein „Tagesschau“-Bericht über Wassermangel bei Palästinensern verschweigt wesentliche Fakten. Auf diese Weise vermittelt er ein einseitiges Bild, in dem die Israelis als die Schuldigen dastehen. Eine Analyse von Ulrich W. Sahm
Der Text der Anmoderation sowie der Beitrag der Tagesschau stehen in der Kritik: Hier wurden Fakten verzerrt, schreibt der Nahostkorrespondent Ulrich Sahm
Die ARD hat am Sonntagabend in der „Tagesschau“ um 20 Uhr und später etwas ausführlicher in den „Tagesthemen“ ohne aktuellen Aufhänger über die „Wassernot“ der Palästinenser berichtet. In der Anmoderation sagte „Tagesschau“-Sprecher Jan Hofer, dass „viele Palästinenser“ darunter litten. „Die Ressource ist knapp und wird von den Israelis streng rationiert“, behauptete er. Das Wasser ist gewiss knapp, aber von einer „Rationierung“ kann keine Rede sein.
Weiter sagte Hofer mit Bezug auf Kritiker: „Verschärfend komme hinzu, dass Palästinenser keine Baugenehmigungen für Brunnen erhielten, um sich selbst zu versorgen.“ Selbstverständlich muss es Genehmigungen für das Bohren von Brunnen geben. Genauso ist es in Deutschland und anderswo. Da kann nicht jeder in seinem Hinterhof nach Gutdünken einen Brunnen bohren oder das Wasser aus dem Rhein, der Elbe oder der Spree abpumpen.
Unkontrollierter Wasserverbrauch
Denn dann würde sehr schnell das passieren, was im Gazastreifen kurz nach dem kompletten Abzug der Israelis 2005 geschehen ist. Sowie die „scharfe Kontrolle“ der Israelis weggefallen war, und die örtlichen Behörden der Palästinenser sich um nichts mehr kümmerten, bohrten die Menschen nur ein paar Meter tief in den Sand, schlossen eine Pumpe an und schon sprudelte das Wasser kostenfrei ins Haus.
Ohnehin war man im Gazastreifen (und teilweise auch im Westjordanland) nicht „gewohnt“, eine Wasserrechnung (oder auch eine Stromrechnung) zu zahlen. Das Dumme war, dass der hohe Spiegel des Grundwassers in Gaza schnell sank. Dann floss Salzwasser aus dem Mittelmeer nach. Heute sind 95 Prozent des Süßwassers im Gazastreifen ungenießbar. Das einzige Trinkwasser im Gazastreifen pumpt Israel dorthin. Eine „Selbstversorgung“, wie Hofer sagt, indem man Brunnen bohrt, muss in jedem Fall mit allen Beteiligten abgesprochen sein. Andernfalls zerstört man ganz schnell und unwiederbringlich das Grundwasser und gräbt es dem Nachbarn ab.
Bericht ohne Zeitangabe
Nun zur Reportage von Markus Rosch. Er berichtet über die Ortschaft Salfit, ohne mitzuteilen, wann er die Reportage gedreht hat. Vor etwa zwei Wochen hat es wegen schlechter Instandhaltung einen Rohrbruch bei einer Hauptleitung gegeben. Einige Tage lang war tatsächlich in Salfit das Wasser knapp – wie auch in Siedlungen, die alle über das gleiche Rohr versorgt wurden.
Rosch erwähnt nicht, dass es sich hierbei um Wasser handelt, das von Israel in das Westjordanland gepumpt wird. Er sagt auch nicht, ob er seine Reportage ausgerechnet während dieses Rohrbruchs gedreht hat. Die emotionalen Darstellungen der Tochter, die sich nicht waschen könne, der Vater mit den Wasserflaschen oder dessen entnervte Schwester, die nicht einmal die Waschmaschine benutzen könne, bedürfen keines Kommentars. Angemerkt sei nur, dass sich die Familie gewiss keine Waschmaschine angeschafft hätte, wenn die Wasserknappheit ein Dauerzustand wäre. Auch der feine tröpfelnde Wasserhahn wirkt nicht so, als würde er nur im Winter nach einem Regenfall benutzt.
Israelische Siedlung bleibt außen vor
Rosch schwenkt mit der Kamera in Richtung einer Siedlung und auf das Schild nach Schiloh. Rosch sagt: „Doch während Siedlungen wie Schiloh, das in der Nähe von Salfit liegt, viel Wasser bekommen, gehen palästinensische Dörfer oft leer aus.“ Anstatt in der Siedlung mal nachzufragen oder mit einem israelischen Hydrologen zu sprechen, bleibt es bei seiner Behauptung, ohne jegliche Nachweise.
Im Gegenteil. Rosch trifft sich mit dem deutschen Hydrologen Clemens Messerschmid. Über Messerschmid sei hier erst einmal erwähnt, dass er Empfänge der deutschen diplomatischen Vertretung in Ramallah grundsätzlich aus ideologischen Gründen boykottiert. Er scheint also nicht in deutschen Diensten zu stehen. Das verriet er im Dezember 2014, als es im ganzen Nahen Osten schwere Unwetter mit Schnee in den Bergen und Überschwemmungen in Tel Aviv gab.
Selbstverständlich stand wegen der Regengüsse auch der Gazastreifen unter Wasser. Und was behauptete damals der diplomierte Hydrologe aus Deutschland? Israel habe Staudämme geöffnet, die es allein gebaut habe, um im Winter den Gazastreifen zu überschwemmen oder – vielleicht besser ausgedrückt – wegzuschwemmen. Tatsache ist, dass es diese von Messerschmid behaupteten „Staudämme“ gar nicht gibt. Sie waren reine Erfindung. Der Hydrologe tritt übrigens auch im „Muslim-Markt“ auf, eine üble anti-israelische Plattform.
Marode Wasserleitungen
Messerschmid hat sogar recht mit der Behauptung, dass das Bergland im Westjordanland ziemlich regenreich sei. Doch verschweigt er, dass der Regen die unterirdischen Grundwasser-Seen füllt und dass Wasser per Schwerkraft immer nach unten fließt. Anders ausgedrückt: Der Regen fällt im „palästinensischen“ Gebiet, fließt aber unterirdisch nach Westen in Richtung Israel und nach Osten in Richtung Jordan und Totes Meer . Aus Sicht Messerschmids müssten die Israelis offenbar alles Wasser ihrer Quellen ins Westjordanland pumpen, weil der Regen dort gefallen ist und deshalb den Palästinensern gehöre. Auf Europa übertragen müssten alle Anwohner des Rheins ihre Wasserrechnung an die Schweiz entrichten, weil dort der Rhein entspringt.
Rosch verschweigt zudem, dass Israel heute etwa ein Drittel mehr Wasser in die palästinensischen Gebiete pumpt, als es in den Osloer Verträgen festgelegt ist. Er verschweigt auch, dass etwa 40 Prozent des verfügbaren Wassers bei den Palästinensern wegen maroder Infrastruktur verloren geht. In Israel und in Europa sind 10 Prozent Wasserverlust „normal“.
Während in Israel etwa 90 Prozent das Abwassers geklärt und in separaten Rohren der Landwirtschaft zugeführt wird, haben die Palästinenser Lieferungen billigen geklärten Wassers für ihre Landwirtschaft abgelehnt mit dem Argument: „Eure Sch … wollen wir nicht“. So vergeuden palästinensische Bauern weiterhin kostbares Trinkwasser in traditionell verschwenderischer Weise für ihr Gemüse auf den Feldern.
Wasserrechnungen bleiben unbezahlt
Abschließend sei hier erwähnt, dass viele Palästinenser ihre Wasserrechnung nicht bezahlen. In der Folge hat sich ein Schuldenberg in Millionenhöhe für Strom und Wasser angehäuft. Rosch hat sich nicht die Mühe gemacht, die Familie Osman nach ihrer monatlichen Rechnung zu befragen. Dass Israel dennoch weiterhin Strom und Wasser liefert, liegt am internationalen Druck und an der Selbstverständlichkeit, dass die Israelis die Palästinenser weder verdursten noch im Finsteren sitzen lassen wollen.
pro hat die Redaktion der Tagesschau am Montag um eine Stellungnahme gebeten.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Michaela Engelmeier wirft der Tagesschau einseitige Berichterstattung vor. Auf Facebook schrieb sie: „Warum zeigt man in der Tagesschau einen schlecht bis gar nicht recherchierten Bericht, zitiert dort mehr als zweifelhafte ‚Experten‘ und erzählt echte Unwahrheiten? Ich protestiere energisch und mit aller Schärfe gegen diese, so einseitigen und unwahren Behauptungen in diesem unsäglichen Bericht und erwarte eine Richtigstellung! Dieser Bericht, liebe ARD ist ein Fall für den Rundfunkrat und eine Richtigstellung ist mehr als nötig!“ (pro)
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