Die Absicht der Amerikaner David Kinnaman und Gabe Lyons für „Unchristlich“ ist es nach eigener Aussage, die Herzen und Köpfe von Christen „aufzubrechen“ – um sie auf eine Zukunft vorzubereiten, in der die Menschen ihnen mehr und mehr feindselig und skeptisch gegenüberstehen werden. Das im vergangenen Jahr in den USA erschienene Buch mit dem Titel „unChristian“ erschien im März diesen Jahres auf Deutsch beim Hänssler-Verlag. Das Buch ist laut Kinnaman notwendig, damit Christen verstehen können, was die „Andersdenkenden“ tatsächlich denken und sie erfolgreich auf Jesus hinweisen können. „Die Kirche braucht dringend mehr Menschen, die in unserer pluralistischen, differenzierten Kultur eine tiefer gehende, echtere Sicht auf den christlichen Glauben ermöglichen“, so der Autor.
Obwohl es um Amerikaner geht, scheinen gewisse Ähnlichkeiten zu Deutschland vorhanden zu sein, wie jüngst beim „Christival“ in Bremen bemerkbar. So sagte im Buch eine „Andersdenkende“ über Christen: „Die meisten Leute, die ich kenne, gehen davon aus, dass mit ‚Christ‘ sehr konservative, einseitig denkende, anti-homosexuelle, abtreibungsgegnerische, aggressive, gewalttätige, unlogische Imperialisten gemeint sind, die jeden bekehren wollen und in der Regel mit keinem friedlich zusammenleben können, der nicht glaubt, was sie glauben.“ Kinnaman schlussfolgert daraus, dass Christen für das bekannt sind, wogegen sie sind, statt für das, wofür sie sind.
„Christen sind antihomosexuell, verurteilend und heuchlerisch“
Die Teilnehmer der Umfragen waren junge Erwachsene im Alter von 16 bis 29 Jahren. Die drei am weitesten verbreiteten Ansichten über das Christentum sind: Das Christentum sei antihomosexuell, das sagen 91 Prozent der Befragten. 87 Prozent finden es verurteilend und 85 Prozent sagen, das Christentum sei heuchlerisch. Positive Ansichten bilden bei der Umfrage das Schlusslicht. So sagen 41 Prozent, Christsein scheine ehrlich und echt zu sein, ebenfalls 41 Prozent gaben an, dass es etwas Sinnvolles sei, und 30 Prozent glauben, dass es bedeutsam für das Leben sei. Der Schwerpunkt des Buches liegt auf den sechs größten Kritikpunkten der Andersdenkenden, die da wären: Das Christentum sei heuchlerisch, zu versessen darauf, andere zu bekehren, antihomosexuell, abgeschottet, zu politisch und verurteilend. Mit seinen Wiederholungen ist das Buch stellenweise etwas langatmig. „Unchristlich“ geht sehr ins Detail und wartet mit vielen Zahlen, Daten und Fakten auf – dadurch wirkt es teilweise recht trocken und mindert den Lesefluss. Die Botschaft dahinter ist jedoch aktuell, relevant und ernst zu nehmen.
„Es ist an der Zeit, Christsein zu leben“
Die Autoren wollen nicht nur auf das Imageproblem aufmerksam machen. Sie wollen auch Lösungsansätze bieten und listen zahlreiche Vorschläge auf, dem entgegenzuwirken. Gleichzeitig warnen sie davor, in ein entgegengesetztes Extrem zu verfallen. „Das Evangelium zu verweichlichen oder umzuschreiben, ist eine schlechterdings falsche Reaktion auf die Einwände, die die Menschen erheben“, schreibt Kinnaman.
Wer mehr Hintergrundwissen darüber haben möchte, wie Christen heutzutage besser junge Andersdenkende verstehen und erreichen können, findet in diesem Buch zahlreiche Informationen und größtenteils interessante Umfrageergebnisse. „Unchristlich“ versucht, die Gründe des Imageproblems der Christen herauszustellen und bietet einige Lösungsansätze. Lyons schreibt im Nachwort: „Damals wie heute bin ich optimistisch, dass sich – mit diesen Forschungen als Basis – innerhalb der christlichen Szene ein völlig neuer Dialog entwickeln könnte. Die Ergebnisse dieser Studie zeichnen uns ein klares Bild davon, wie andere uns sehen. (…) Es ist an der Zeit, neu zu prüfen, was es heißt, ein ‚Christ‘ zu sein, und anzufangen, es zu leben.“
David Kinnaman ist Geschäftsführer der Barna Group. Das Beratungsunternehmen, das sich auf spirituelle Themen spezialisiert hat, ist in den USA eines der führenden Meinungsforschungsinstitute. Seit 1995 hat er für Barna mehr als 500 Studien verantwortet. Gabe Lyons hat das Fermi-Projekt gegründet, damit Christen einen positiven kulturellen Beitrag auf die Gesellschaft ausüben. Dabei wird er von führenden Köpfen aus Kirche, diakonischen und gemeinnützigen Unternehmen unterstützt. (PRO)