In der Ukraine ist die Nachfrage nach Bibeln und Bibelteilen nach Ausbruch des Krieges stark gestiegen. Das hat der stellvertretende Generalsekretär der Ukrainischen Bibelgesellschaft, Anatolij Rajchinets, erklärt. „Wir erleben, dass die Menschen derzeit sehr offen sind für das Evangelium“, sagte Rajchinets am Dienstagabend in einer Online-Veranstaltung der Deutschen Bibelgesellschaft.
Wegen des Krieges wollten viele seiner Landsleute nicht mehr Russisch sprechen und auch keine Bücher in russischer Sprache mehr lesen. Deshalb arbeite die Bibelgesellschaft derzeit an einer moderneren Bibel-Übersetzung in ukrainischer Sprache. Die Menschen in dem Land sehnten sich nach „Essen, Medizin und Bibeln“, sagte Rajchinets.
Seit Kriegsbeginn verteile die ukrainische Bibelgesellschaft „rund um die Uhr“ – unterstützend zur humanitären Hilfe von Organisationen und Kirchen – Bibeln in Notunterkünften, Bunkern, Schutzräumen, Kellern, überall dort, wo Menschen Zuflucht und Schutz vor dem Krieg suchten. Die Nachfrage nach Bibeln steige stetig.
Menschen leiden unter Traumata
Weil in der Ukraine viele Menschen durch Krieg oder Flucht schwer traumatisiert sind, schult die Ukrainische Bibelgesellschaft auch Helfer in der Behandlung von Traumata. Auch in der Militärseelsorge und dem begleitenden Dienst in Krankenhäusern arbeitet die Ukrainische Bibelgesellschaft derzeit mit. Ein begleitendes Heft zur Traumabewältigung unter dem Titel „Trotz der Krise geht es weiter“ sei bereits mehrfach nachgedruckt worden.
Rajchinets Angaben zufolge schätzt die ukrainische Regierung besonders die Kirchen und christlichen Hilfsorganisationen als Partner, um die Versorgung der Bevölkerung im bevorstehenden Winter weiterhin aufrechterhalten zu können. „Alle Christen im Ukrainischen Rat der Kirchen stehen derzeit im Krieg eng zusammen“, sagte Rajchinets. Auch die Orthodoxe Kirche der Ukraine und die Orthodoxe Kirche der Ukraine Moskauer Patriarchats stünden „Seite an Seite“. Die Kirchenoberen und Metropoliten seien aber von Schmerz und Sorge erfüllt über das Verhalten von Patriarch Kyrill in dem Krieg.
Auf die Frage, ob er angesichts des Leides, das der russische Angriffskrieg über das Land gebracht habe, vergeben könne, antwortete Rajchinets: „Natürlich können wir vergeben. Wir beten jeden Tag im Vaterunser um Vergebung.“ Fast jeder im Land habe zudem Verbindungen durch Familie oder Freunde nach Russland. Daher sei Vergebung essenziell. „Meine Hoffnung ist, dass der Feind das Land verlässt und Frieden wird“, sagte Rajchinets, und weiter: „Nur durch ein Wunder Gottes kann der Krieg beendet werden.“
Die Deutsche Bibelgesellschaft hat ihr Online-Bibelangebot um eine ukrainische Bibelübersetzung aus dem Jahr 2011 erweitert. „Die neue Übersetzung der Bibel ins moderne Ukrainisch“ steht online kostenlosen zur Verfügung.