In einer Zeitenwende überschlagen sich Emotionen und Entscheidungen. Vieles steht zur Disposition. Was bedeuten die aktuellen Herausforderungen durch Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Richtungswandel der deutschen Politik für die evangelische Friedensethik?
Müssen sich die Kirchen stärker ins Gespräch einmischen und zum Frieden aufrufen? Müssen sie ihren Widerspruch kundtun gegen eine neue Logik der Aufrüstung?
Oder müssen wir uns umgekehrt von einem vermeintlich illusorischen Pazifismus der evangelischen Friedensethik verabschieden? Gibt es auch eine Wendezeit für die evangelischen Kirchen und ihr Friedensverständnis?
Auch in stürmischen Zeiten bedarf es besonnener Klarheit. Die Diskussion über evangelische Friedensethik sollte nicht an pauschalen Zuschreibungen orientiert sein, sondern an den verbindlichen Orientierungen, wie sie in den beiden EKD-Friedensdenkschriften von 1981 (Frieden wahren, fördern und erneuern) und 2007 (Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen) gegeben sind.
Friedensethik gestern und heute
Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war es selbstverständlich, Krieg als legitimes Mittel der Politik zu sehen. Die Ausbreitung der Nationen gemäß ihrer inneren Stärke galt als natürliches Gesetz der politischen Welt.
Die neuere christliche Ethik hat nach den Weltkriegen mit solchen Vorstellungen radikal gebrochen. Grundlinien evangelischer Friedensethik sind folgende:
- Krieg ist kein Mittel der Politik. Gewalt kann niemals ein akzeptabler Weg sein, vermeintliche Ansprüche durchzusetzen. Angriffskriege sind unbedingt zu ächten.
- Stärke des Rechts statt Recht des Stärkeren. Die vermeintlichen Interessen von Nationen und Völkern können niemals das Selbstbestimmungsrecht von Menschen und Völkern ignorieren. Alle Nationen bedürfen der Einbindung in eine internationale und multipolare Friedensordnung.
- Frieden ist kein Zustand, sondern ein Prozess. Der bloße Nichtkrieg ist das absolute Minimum. Frieden im vollen Sinne ist ein vielschichtiger Prozess: Anerkennung von Sicherheitsinteressen, Förderung von sozialer Gerechtigkeit über Grenzen hinweg, inklusive gerechter Teilhabe an Rohstoffen, Freizügigkeit etc., vielfältige Begegnungen von Menschen im Rahmen von Tourismus, Kultur, Sport und Dialog der Religionsgemeinschaften.
- Rechtserhaltende Gewalt als Ultima Ratio. Im Extremfall massiver Verletzung elementarer Menschenrechte kann der Einsatz rechtserhaltender Gewalt nicht ausgeschlossen werden. Dabei ist es selbstverständlich, dass militärische Aktionen niemals Frieden sichern können, sondern friedensförderndes Handeln neu möglich machen müssen.
Sind die Grundlinien einer solchen Friedensethik heute hinfällig?
Keineswegs. Im Gegenteil.
Moralische Klarheit
Wir brauchen keine neue Friedensethik. Aber ein höheres Maß an moralischer Klarheit in ihrer Kommunikation. Weil wir den Krieg nicht mehr für ein Mittel der Politik halten, empört uns der Angriffskrieg Putins gegen ein militärisch weit unterlegenes Land so sehr.
Weil wir an das Recht der Selbstbestimmung aller Menschen glauben, verurteilen wir den Bruch des Völkerrechts. Weil wir auf eine internationale Gemeinschaft der Verständigung und des Dialogs setzen, verurteilen wir den Einsatz verlogener Propaganda nach innen und außen.
Gerade in Deutschland haben wir viel zu lange gebraucht, militärische Gewalt fürchten und verachten zu lernen. Unser Protest gegen diesen Krieg ist Ausdruck unseres neuen Verständnisses von Krieg und Frieden.
Haben wir in der Sozialethik gelernt, die Perspektive der Opfer und der Benachteiligten als entscheidenden Maßstab für unsere Handlungen zu akzeptieren, so gilt das auch hier. Das Leiden der ukrainischen Menschen treibt unseren Protest.
Ihrem Recht auf Frieden und Freiheit fühlen wir uns verpflichtet. Ihr Schutz und ihre Sicherheit ist unsere höchste Verantwortung jetzt und in naher Zukunft.
Die Unverzichtbarkeit militärischer Abschreckung
Die neuere evangelische Friedensethik ist nicht pazifistisch. Sie betont die Notwendigkeit, auch an der Option rechtserhaltender Gewalt festzuhalten. An dieser Stelle braucht es keine Kurskorrektur, wohl aber die Bereitschaft, diese Linie konsequenter zu vertreten.
Die längste Friedenszeit in Mitteleuropa war geprägt durch die entschlossene Verbindung von Abschreckung und Dialog.
Dass militärische Mittel allein nicht zum Frieden führen, ist eine Selbstverständlichkeit. Schon die Friedensdenkschrift von 1981 hat den bloßen Rückzug auf eine solche Haltung als Vereinfachung zurückgewiesen. Der Einsatz für den Frieden und die Akzeptanz auch militärischer Abschreckung gehören zusammen.
Rückblickend erweist es sich als falsch, die Ukraine in den letzten Jahren beim Aufbau einer militärischen Abschreckungskraft nicht unterstützt zu haben. Wir stehen jetzt vor der unendlich schweren Aufgabe, sie durch Lieferung von defensiven Waffen zu unterstützen, ohne eine Ausweitung des Krieges zu befördern.
Zur Person
Thorsten Dietz, geboren am 1. März 1971, ist evangelischer Theologe und lehrt Systematische Theologie an der Evangelischen Hochschule Tabor. Außerdem ist er Privatdozent an der Universität Marburg. Mit Tobias Faix veröffentlichte er im vergangenen Jahr das Buch „Transformative Ethik – Wege zum Leben: Einführung in eine Ethik zum Selberdenken“.
Das hat auch Folgen für die deutsche Politik. Die Möglichkeit zur rechtserhaltenden Gewalt wurde im kirchlichen wie im allgemeinen Bewusstsein lange Zeit für selbstverständlich genommen.
Dass die NATO oder zur Not die USA allein dafür einstehen, galt als natürliche Ordnung. Zu kurz kam die Einsicht, dass die Möglichkeit rechtserhaltender Gewalt von allen gewährleistet werden muss, die sie als notwendig anerkennen.
Die politische Wende in Deutschland hin zu einer stärkeren Ausrüstung der Bundeswehr verdient die Unterstützung der christlichen Kirchen.
Spät, viel zu spät hat der Protestantismus gelernt, jeglichen Militarismus zu verachten.
Diese Lerngeschichte darf nicht in eine Verachtung des Militärs münden. Die Bundeswehr gehört als demokratische Armee in die Mitte der Gesellschaft. Es war falsch, sie faktisch an den Rand zu schieben, zum Beispiel mit Forderungen nach ihrem Ausschluss aus allen schulischen oder universitären Kontexten.
Zu dieser Einsicht gehört der selbstverständliche Einsatz dafür, in ihr keine antidemokratischen Überzeugungen zu dulden. Aber wir können nicht den Bürger in Uniform fordern, wenn die Bürger einen Bogen um Menschen mit Uniform machen. Die Bundeswehr benötigt nicht nur mehr Geld, sondern auch mehr Respekt. Auch von den Kirchen.
Phantasie für den Frieden
In dem Maße, wie wir militärische Abschreckung wieder deutlicher als unverzichtbar betonen, gilt umso entschiedener: Wir brauchen mehr Phantasie für den Frieden, nicht weniger.
Die Notwendigkeit einer strikten Abgrenzung von der gegenwärtigen russischen Führung muss verbunden werden mit der dringenden Frage, wie wir Beziehungen zu Russland und zu allen russischen Menschen insgesamt neu aufbauen.
Gerade weil wir in der gegenwärtigen Situation die Opfer und die Schuldigen dieser Eskalation deutlich benennen sollten, verbietet sich jede verallgemeinernde Rede über Russinnen und Russen.
Dringender als je zuvor brauchen wir Menschen, die Brücken bauen können: in der Nachbarschaft, in Kultur, Sport und Ökumene oder in den sozialen Netzwerken.
Dabei geht es um Brücken zu den russischen Menschen: Profiteure von der politischen und wirtschaftlichen Macht derer, die für diesen Angriffskrieg verantwortlich sind, trifft unsere Verachtung mit Recht. Nicht die Seilschaften vermeintlicher Eliten, sondern die vielfältige Wertschätzung für die russische Kultur in unserer Gesellschaft und gewachsene Beziehungen unter den Menschen sind unverzichtbare Voraussetzungen für eine gemeinsame Zukunft in Frieden.
Es wäre verheerend, wenn leichtfertiges Gerede über „Russland“ bei russischen und russlanddeutschen Menschen das Gefühl der Ausgrenzung oder der Nichtzugehörigkeit wecken würde.
Weil wir Frieden mit Russland brauchen und wollen, benötigen wir alle Phantasie, jedes Nein zu Putins Krieg mit einem vielstimmigen Ja zu einer Erneuerung von Dialog und Austausch zu verbinden. In diese Richtung weist uns das Wort der Bergpredigt: „Selig sind, die Frieden stiften“ (Mt 5,9).
32 Antworten
Spricht mir aus der Seele. Vielen Dank, werde es weiterleiten.
Wenn politisch argumentiert wird, mag man den Ausführungen teilweise zustimmen. Wir Christen müssen aber im Sinne der Bibel argumentieren, die uns zeigt, wie man sich im Reich Gottes verhält. Auf der einen Seite treffen weltliche Regierungen Entscheidungen. Auf der anderen Seite bin ich als Christ aber zuerst dem Reich Gottes verpflichtet und da gilt das Friedensgebot Jesu. Nioch mehr, es gilt das Gebot der Feindesliebe. Deshalb kann ich mich als Christ unmöglich an militärischen Aktionen beteiligen, konsequenterweise diese auch nicht fordern. Hier kann die Antwort an einen Staat, der mich zu militärischem Handeln aufwordern will, nur ein klares „Nein“ sein.
Wir werden leider die Gewalt in der Welt nicht verhindern oder dauerhaft beenden können, aber wir sollten klar machen, dass wir nicht dabei sind.
So wie es Bonhoeffer auf 1934 de ökumenischen Weltjugendkonferenz in Fano gefordert hat: „Wie wird Friede? Wer ruft zum Frieden, dass die Welt es hört, zu hören gezwungen ist? Dass alle Völker darüber froh werden müssen? … Nur das Eine große ökumenische Konzil der Heiligen Kirche Christi aus aller Welt kann es so sagen, dass die Welt zähneknirschend das Wort vom Frieden vernehmen muss und dass die Völker froh werden, weil diese Kirche Christi ihren Söhnen im Namen Christi die Waffen aus der Hand nimmt und ihnen den Krieg verbietet und den Frieden Christi ausruft über die rasende Welt.“
Lieber Lothar, bei allem Respekt vor Ihrem Versuch, dem Friedensgedanken Jesu gerecht werden zu wollen:
1. Wir leben nicht in zwei Welten: hier die real existierende Welt mit ihren Widersprüchen und Logiken und dort das Reich Gottes, wo wir Christen leben und der reine Pazifismus das oberste Gebot ist. Das Reich Gottes ist in der Welt und hat sich mit den Widersprüchlichkeiten und Herausforderungen dieser Welt auseinander zu setzen. Abgesehen mal davon, dass die Bibel als auch ein zeitgeschichtliches Buch von vor 2000 Jahren nicht für alle Situationen der nachfolgenden Zeit eine Blaupause bildet. Der christliche Glaube ist ein dauerhafter Prozess, der sich immer wieder neu den Herausforderungen seiner Zeit stellen und sie bewerten muss, so gut es geht.
2. Jesus war doch nicht nur ein sanfter „Friedensengel“, sondern er hat die Gegner seiner Zeit, vor allem die religiösen Hierarchen hart angegangen (z.B. gegen den jüdischen Opferkult in der Vertreibung der Händler am Tempel oder in seinen Wehrufen gegen das priesterliche und theologische Establishment) und zu Gewalttätigkeit provoziert und sie so gereizt, dass sie wie an mehreren Stellen erwähnt ihn umbringen wollten und es auch getan haben. Auch eine indirekte Form der Gewaltanwendung zur Durchsetzung „hehrer“ Ziele.
Hat Bonhoeffer nicht später bei dem gewaltsamen Widerstand gegen Hitler mitwirken wollen? In den Kommentaren steht etwas zu seiner Unterscheidung zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsethik.
Hallo!
Guter Artikel.
Hoffentlich klappt das, was Thorsten Dietz hier entwirft.
Alles Gute!
Als evangelischer Christ und pensionierter Berufssoldat schließe ich mich dem Autor voll und ganz an. Gott will, dass wir seine Schöpfung bewahren! Lasst uns das gemeinsam tun! Lasst uns gemeinsam gegen die aufstehen, die seine Gebote missachten und Leid, Tod und Zerstörung in diese Welt bringen. Wir dürfen nicht angstvoll wegsehen, wenn Frieden und Freiheit in dieser Welt bedroht werden, auch wenn wir damit vielleicht Schuld auf uns laden! Gott wird uns prüfen, ob wir bei unser Entscheidung reinen Herzens waren!
so wie Jesus verraten wurde werden auch wir verraten um gegen unsere Mitmenschen aufzustehen, mit den Fingern auf sie zu zeigen und das Böse nur im Anderen zu sehen. Können Sie englisch? Sonst benuzten Sie den google Übersetzer, Soldat! Unsere Entscheidungen hängen nicht nur vom reinen Herzen ab. Zum Glück hat der liebe Gott auch jedem einen mehr oder weniger klaren Verstand gegeben! https://www.defense.gov/News/News-Stories/Article/Article/3020199/dod-leaders-say-training-ukrainian-forces-is-paying-dividends/
Hier bei uns im Westen von Aufrufen zum Frieden sprechen und schreiben nützt den Leuten in der Ukraine wenig. Es wäre eigentlich besser mit den zentralen Kirchen (orth. Kirchen von Moskau und Kiew ) und auch kath. und evangelischen Geschwistern in der Ukraine und Russland Kontakt aufzunehmen um gemeinsam für Frieden zu beten und besonders die Seligpreisungen aus der Bergpredigt nach Mt. 5 (4, 5, 6, 9 und 10 ) neben den Nachrichten zusätzlich seitens der beteiligten Kirchen zu senden. Diese Mt. Bergpredigt Verse müssen aber ohne wenn und ABER besonders in den Kriegs beteiligten Ländern gesendet und verbreitet werden.
Das Patriarchat von Moskau, also die orthodoxe Kirche von Russland und der Ukraine (!) unterstützt den Krieg Putins. Man kann vielleicht an der Basis etwas erreichen. Aber auf die orthodoxe Kirche kann man leider nicht bauen in diesem Konflikt.
Da haben Sie Recht. Die Ursache dafür ist aber schon sehr lange bekannt. Der KGB, der durch Putin eine furchtbare Renaissance erlebte und die Altfunktionäre, haben sich nach „der Wende“ verstärkt in die russ.-orth. Kirche geflüchtet (wie hier in den Neuen Bundesländern die Stasi in die Arbeitsämter). Diese Nähe hat Putin gerne instrumentalisiert. Ich hoffe, durch Gottes Wort – dem diese Leute ja in dieser Institution nicht ausweichen können – werden auch hier Menschen zur echten Umkehr bewegt. Das jedenfalls haben wir vor und in und nach der Friedlichen Revolution erfahren dürfen. Deshalb bleibt auch der Dialog mit der russ.-orth. Kirche ganz wichtig!
Ein notwendiger Zwischenruf, den ich sehr unterstütze – danke für das klare differenzierte Benennen der Baustellen in unserem gesellschaftlichen Klima
Der christliche Glaube will die Lösung ALLER menschlichen Probleme sein. Die Lösungen werden aber nicht auf der äußeren Ebene ausgefochten, sondern im Inneren eines jeden Menschen, der ernsthaft glaubt. Alle anderen Menschen (außer solchen, die einen anderen spirituellen Weg, wie den buddhistischen zum Beispiel, gehen) finden nicht die Lösung der Probleme. Was heißt das, für die Politik?
Der christliche Glaube kann KEINESFALLS Gewalt empfehlen. Andererseits muss man sagen, es gibt politische Ordnungen, die mehr dem christlichen Menschenbild entsprechen und andere, bei denen das weniger der Fall ist. Nun können solche Gesellschaftsordnungen miteinander in Konflikt geraten und da ist es doch selbstverständlich, dass jedes Volk seine eigenen Werte bewahren möchte. Es ist also die Politik selbst, die sich der in der Säkularität gewachsenen Werte im Handeln bedient. Christlich und vernünftig ist es, immer wieder die Hand zum Dialog zu reichen.
Aber viel wichtiger ist es für Christen zu einer Vertiefung des Glaubens zu kommen. Was da möglich ist, zeige ich in meinem gestern veröffentlichten Beitrag auf: https://manfredreichelt.wordpress.com/2022/03/01/jah-wurden-wir-aus-dem-schlaf-gerissen/
Vielen Dank Herr Dietz für diese klaren Worte!
Vielen Dank für den Artikel.
Mir fehlt allerdings, dass nicht nur Russen sondern alle Menschen (Muslime, Buddisten u.s.w.) nicht verunglimpft, schickaniert, ausgestossen oder sogar angegriffen werden.
Nur weil irgend ein Dispot meint, ermüsse Terror oder Kriege anzetteln.
1984 hat Siegfried Fietz eine Schallplatte produziert mit dem Titel „Ist Frieden möglich?“. Ja, er ist möglich. Doch dazu müssen wir Christen Frieden stiften. Und das sehe ich spätestens bei der Corona-Debatte nicht mehr.
Also, fangen wir doch erst mal bei uns und unseren Gemeinden an.
Was die Bundeswehr anbelangt, bekomme uch persönlich, als West-Berliner, rote Punkte im Gesicht. Doch ehrlich gesagt, brauchen wir due Bundeswehr als Verteidigungsarmee dringenst.
Ich hoffe und bete, dass Gott rasch eingreift und es nicht wirklich nicht zu einem Flächenbranbt wird.
Ja, Frieden stiften ist sehr schwer geworden, angesichts der Putin-Desinformationskampagnen. Das Ziel seiner Propaganda- und Desinformationseinrichtungen ist es die Demokratie – der wahre Feind Putins – zu destabilisieren. Bei Vielen hat das gewirkt und z.T. schon sektenartige Züge angenommen, auch unter Christen. Die Auseinandersetzungen gehen bis in die Familien und Gemeinden hinein. Diesen gehirngewaschenen Menschen freundlich und in Augenhöhe, Verständnis zeigend zu versuchen sie in der Gemeinschaft zu halten, ist eine enorme aber wichtige Aufgabe. Denn wenn wir keinen Frieden in den Familien … Gemeinden … Orten … haben, wie soll er dann zwischen den Ländern funktionieren?
wieso sollte ich mit jemandem reden der mich „Gehirngewaschen“ nennt, dabei aus meiner Sicht selber dummes Zeug redet weil er schlecht informiert ist und hier die unendliche Geschichte vom „wahren Feind“ weiter verbreitet? Denken Sie einfach mal darüber nach. Ansonsten geben ich Ihnen vollkommen recht. Es sind allerdings auch nie die Menschen der Länder, die sich nicht verstehen. Es sind immer deren Anführer.
Zur konsequenten Realisierung einer rechtserhaltenden Gewalt im internationalen Kontext bleiben
noch wichtige Fragen offen. Welches und wessen Recht ist zu erhalten? Im Bezug auf das
Völkerrecht und die Vereinten Nationen stehen deren Normen von Menschenrechten und
staatlicher Souveränität in einem spannungsreichen Verhältnis. Solch eine Rechtsordnung ist nicht
zu denken mit dem gleichen Maß an Souveränität für die Staaten. Auch werden hier die kulturellen
Unterschiede zwar gewürdigt aber zugleich unterschätzt. Es finden sich auf unserer Welt sehr
unterschiedliche Auffassungen eines Rechtssystems und auch die Menschenrechte werden religiös
und kulturell sehr unterschiedlich interpretiert. Diese Aspekte zu vereinigen und zu
vereinheitlichen erscheint mir als eine Mammutaufgabe für die internationale Gemeinschaft und
steht gleichzeitig in der Gefahr einer westlichen Dominanz oder einer der „Stärkeren“.
Nun ist die Frage, wenn die Etablierung einer solchen Ordnung noch nicht in erreichbarer Nähe ist,
ob Gewalt nicht zu oft noch als ultima ratio notwendig scheint. In dieser Position birgt gerade die
Verknüpfung von Friede, Gerechtigkeit und Recht die Gefahr, militärische Gewalt allenfalls noch zu
fördern. Das Potenzial liegt dann eher darin in einer wachsenden internationalen Rechtsordnung
und durch gezielte Förderung ziviler Konfliktbearbeitung die Grenze zu militärischer Gewalt als
ultima ratio sukzessiv zu verschieben.
Die Phantasie zum Friedenstiften sollte darunter nicht vergraben werden, sondern gerade in diesen Situationen zum Vorschein treten und Blühen.
Kompliment. Ich bin der Meinung, Sie denken sehr offen und sehr weitblickend
Vielen Dank Herr Dietz für die anregenden Gedanken. Die Betonung des Dialogs und die Bereitschaft, Frieden kreativ zu suchen halte ich für wertvoll. Ich stelle mir allerdings die Frage, ob die von Ihnen vorgeschlagene Perspektive nicht Kirche und Staat zu sehr vermischt. Ist es nicht die Aufgabe der Kirche gänzlich den Frieden zu suchen ohne Gewalt (Dialog, Versorgung der Schutzlosen, Versöhnungsarbeit…)? Ist nicht eben das Töten des Anderen die Grenze der Kirche auch wenn es aus staatsbürgerlicher Sicht sinnvoll erscheint? Es muss keine pauschale Negierung des Militärs sein, aber ist für Christen Gewalt im Sinne des Tötens eine Option? Theologisch sehe ich dahinter eben jene Bergpredigt, die Sie auch zitieren: „Selig sind, die Frieden stiften“ (Mt 5,9). Für mich ist die Beobachtung interessant, dass das Jesu Leben protestantischerseits so wenig als politisches Vorbild und oft als individuelle Ethik gesehen wurde und wird. Wäre das Thema Krieg nicht eben jene Grenze, sehr genau zwischen Staat und Kirche zu unterscheiden? Dies ist keine Suggestion einer politischen Abkapselung. Die Frage ist vielmehr, ob man als Christenmensch und als Kirche den Weg bis zum Töten gehen kann, was ich nicht sehen kann, so herausfordernd ich die aktuelle Situation auch halte. Mit freundlichem Gruß
Vielen Dank für diese notwendige Klarstellung. Als ehemaliger Wehrdienstverweigerer sehe ich mehr denn je die Notwendigkeit einer solide ausgestatteten Bundeswehr. Dem abgrundtief Bösen in Gestalt von Putin, Assad etc. kann man nicht mit Kerzen und Liedern entgegen treten. Hier gilt Bonhoeffers Unterscheidung von Gesinnungs – und Verantwortungsethik. Pazifismus hat das NS-Regime weder verhindert noch überwunden.
Ja, und es braucht jetzt in Russland mutige Menschen, wie es Bonhoeffer (und sein Schwager mit seinen Gleichgesinnten, bis hin zu von Stauffenberg) waren, die diesem Despoten in den Arm greifen. Das kann ich auch hier schon tun, indem ich die Desinformationspropaganda Putins in den sozialen Medien – und damit quer denkenden Köpfen – entlarve.
Vielen Dank für diesen guten Artikel.
Bei jedem Krieg gibt’s
nie Gewinner sondern nur Verlierer !!!
Eine für mich überraschend klare und ausgewogene Stellungnahme. Sie artikuliert zwei Handlungsstränge – zum einen Eintreten für den Frieden und Versöhnung durch Brücken bauen und zum anderen Einsatz militärischer Gewalt als ultima ratio. Beides muss zum Zuge kommen. Leider hat Deutschland in den letzten fast 30 Jahren letzteren Aspekt immer mehr an den Rand gedrängt und die Bundeswehr vernachlässigt. Gut, dass es nun anders wird. Wer letzters ablehnt, sollte sich vergegenwärtigen, dass wir leider in einer gefallenen Welt leben. Luther hat daraus die sog. 2-Reiche-Lehre entwickelt. Darin werden unterschiedliche Maßstäbe für das Handeln von Christen in den beiden Reichen – dem weltlichen und dem Gottes Reich gesetzt. Die Obrigkeit trägt daher das Schwert (Römer 13,1ff), ja sie muss es tragen, um Chaos im innerhalb des Staates, aber auch zwischen den NAtionen zu verhindern.
Sehr richtig! Vergessen wir dabei aber auch nicht die so harmlos wirkende, aber von Putin sehr wirksam eingesetzte Desinformationskampagne in den sozialen Medien.
Gott spielt wohl in diesem Fall keine Rolle, sonst hätte er so einen Irrsinn verhindert. Wir haben es hier mit einem Irren zu tun, der meint, er kann die ganze Welt beherrschen.Schaut ihn genau an, er ist krank und muss abgesetzt werden.Leider hat er all seine Kumpanen dafür bezahlt, bzw. gedroht, gegen seinen Willen zu handeln. (Schröder=Verräter). Ich hätte niemals gedacht,dass ich auf einen einelnen Menschen solch einen Hass habe.Wit können nur zusammen halten und das beste hoffen.Nur einen dürfen wir nicht verlieren: Die Wertschätzung eines jeden Menschen. Selbst Sokrates sagte schon, er sei kein Athener, kein Grieche, sondern Bürger dieser Welt.
Hier geht es nicht um Glaube, sondern um Menschenleben.
Was würde wohl Jesus tun? Er sagt, „Wer das Schwert nimmt, der wird durch das Schwert umkommen.“ Er rief nicht zur Aufrüstung gegen die Römer auf. „Vergeltet nicht Böses mit Bösem, sondern segnet, die euch fluchen“. Überlassen wir doch das Gericht Jesus Christus. Wir sind nicht die Richter. Wir können auch nicht schützen in dieser Situation, wenn der Herr nicht hilft. Wieviel Tote mehr gibt es jetzt durch unsere deutschen Waffen auf beiden Seiten in der Ukraine? Haben wir nicht schon genug Russen und Ukrainer im 2.ten Weltkrieg umgebracht? Ansonsten könnten wir ja auch unsere verfolgten Geschwister weltweit in noch totalitäreren Staaten der Welt mit Waffen unterstützen?“ Freiheit und Friede sind nicht die höchsten Güter, sondern SEIN Friede und SEINE Gerechtigkeit. Darauf haben sich Christen seit 2000 Jahren in der Unterdrückung verlassen. „Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihrer ist das Himmelreich.“
M. E. müssen wir hier noch deutlicher akzentuieren : Wenn jetzt innerhalb weniger Tage plötzlich aufgerufen
wird zu massiver Aufrüstung, die ja Unmengen Geld verschlingt und mit der Gefahr eines Weltkrieges
gespielt wird, dann muss auch der Glaube klar sagen : so nein.
Ich tue mich sehr schwer mit den Begrifflichkeiten militärische Abschreckung und rechtserhaltende Gewalt,
zumindest was Waffen der Massenvernichtung betrifft.
Jenseits aller Feinheiten, ist nicht jetzt klar die Botschaft : dieses wollen wir nicht, wir gehen lieber ins russiche
Straflager, als eine halb ausradiertes Europa zu riskieren.
Und wir wenden uns radikal gegen eine Einstellung, die einen Dialog nicht mehr sieht. Denn selbst in
der Niederlage wird man sprechen müssen.
Ich würde mich im Zweifelsfall an Jesus orientieren. Hat er Politik gemacht? Sich zu militärischen Auseinandersetzungen geäußert? Sein (und damit unser) Reich ist nicht von dieser Welt. Er hat sich um die direkten Bedürfnisse der Menschen gekümmert. Er hat das Reich Gottes gepredigt, den Menschen ihre Sünden vergeben, sie gerettet, geheilt und befreit. Missstände in der Welt hat er wohl klar aufgezeigt, aber nicht an den Symptomen herumgedoktort, sondern tiefer angesetzt – bei den Herzen der Menschen. Veränderung im Außen beginnt in den Herzen der Menschen.
Rechtserhaltende Gewalt als Ultima Ratio ist keine Lösung, sondern eine Mogelpackung. Die wird auch Putin für sich beanspruchen. Die Abschreckung hat nicht funktioniert. Das kann man sehen vom Faustkeil bis zur Atombombe und erst recht jetzt bei Putin.
Wer lebt sicherer, die die Waffen tragen oder die, die keine in die Hand nehmen?
Der Mensch der sich als Mittelpunkt des Universums sieht einschließlich der Hybris so ziemlich alles in der Hand zu haben, einschließlich Krieg und Frieden, Klimawandel, Naturgewalten und Ökonomie muss zwangsläufig scheitern.
Denn der allmächtige Gott lässt sich diese Welt nicht wegnehmen, weder vom Teufel noch von seinen Menschen. Der Anspruch diese Welt zu retten mag ja gut gemeint sein, ist aber auch Teil der Überheblichkeit der menschlichen Spezies ! Damit breche ich keine Lanze für Fatalismus, die gottlose Menschheit hat allerdings gar nichts im Griff, weder die nächsten fünf Minuten noch das Weltgeschehen !
Eine globale Hinwendung zum Schöpfer und seinem Heiland wäre die „Lösung“ aber danach sieht es nicht aus.
Frieden für den Jemen, für Afghanistan, für Syrien, für Irak und all die Länder die vom „Wertewesten“ in Kriegen verwüstet werden.