Die aktuelle politische Lage in der Türkei wirkt sich zunehmend auf die Journalisten im Land aus. Zwar hatte Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan nach dem Putschversuch am 15. Juli versichert, trotz des verhängten Ausnahmezustandes Grundrechte wie die Pressefreiheit zu wahren. Vor dem Hintergrund der neuesten Entwicklungen scheint das aber ein leeres Versprechen gewesen zu sein. Am Mittwoch berichtete der Nachrichtensender n-tv, dass die türkische Regierung drei Nachrichtenagenturen, 16 Fernsehsendern, 23 Radiostationen und 45 Zeitungen schließen lässt. Angeblich hätten sie die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung gefährdet.
Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) spricht von einer „Hexenjagd“ auf Journalisten. Am Mittwoch seien Haftbefehle gegen 47 ehemalige Mitarbeiter der Zeitung Zaman ausgestellt worden. Die ehemals regierungskritische Zeitung wurde im März unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt. Anfang dieser Woche habe es bereits Berichte über 42 weitere Haftbefehle gegen Journalisten gegeben, darunter viele, die Korruption und Machtmissbrauch der Regierung aufgedeckt hätten. 16 von ihnen seien bereits verhaftet worden, unter ihnen die bekannte regierungskritische Journalistin Nazli Ilicak und der ehemalige Chef von Hürriyet-Online, Bülent Mumay, der zuletzt auch für die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb. Gegen mehrere hundert Mitarbeiter des staatlichen Rundfunks TRT habe die Staatsanwaltschaft in Ankara Ermittlungen wegen mutmaßlicher Verbindungen zum Erdoğan-Gegner, dem islamischen Prediger Fethullah Gülen, eingeleitet. Bei ROG gingen bereits Nothilfeanfragen von Journalisten wegen Verfolgung ein.