Türkei lenkt ein: Brunson darf ausreisen

Rund zwei Jahre hatte der in der Türkei lebende US-Pastor Andrew Brunson in Haft und zuletzt im Hausarrest verbracht. Die türkische Regierung warf ihm Beteiligung am Putschversuch und Unterstützung terroristischer Organisationen vor. Nun darf er ausreisen – nach hohem wirtschaftlichem Druck der USA.
Von PRO
Bald nicht mehr hier: Der in Izmir lebende und zuletzt inhaftierte US-Pastor Andrew Brunson darf auf Druck der amerikanischen Regierung aus der Türkei ausreisen

Der in der Türkei inhaftierte US-amerikanische Pastor Andrew Brunson ist frei. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, ordnete ein Gericht im westtürkischen Izmir am Freitag die Aufhebung seines Hausarrests an. In diesen war er Ende Juli wegen gesundheitlicher Probleme verlegt worden. Zuvor hatte der 50-Jährige rund zwei Jahre in Haft verbracht. Auch seine Ausreisesperre wurde aufgehoben. Brunsons Anwalt Chem Harvalut sagte der dpa, er erwarte, dass sein Mandant noch am Freitag ausreisen werde.

Die Freilassung bedeutet eine Entspannung der amerikanisch-türkischen Beziehungen. Der Fall Brunson hatte diese zuletzt erheblich belastet und die Türkei so in eine Finanzkrise gestürzt. US-Präsident Donald Trump hatte im August Strafzölle und Sanktionen gegen die Türkei erlassen, um die Freilassung Brunsons zu erzwingen. Die türkische hatte der bedeutend größeren US-Wirtschaft trotz Vergeltungsmaßnahmen nichts entgegenzusetzen. Die türkische Lira war in der Folge ins Bodenlose gefallen. Sofort nach Bekanntgabe des Gerichtsurteils gewann sie wieder an Wert.

Im Laufe des Prozesses hatte die US-Regierung den Druck auf die Türkei immer weiter erhöht. Noch in der Nacht zum Donnerstag hatte Außenminister Mike Pompeo der Türkei dringend geraten, Brunson freizulassen. Der US-Sender NBC hatte bereits zuvor von einer geheimen Einigung zu Brunsons Freilassung berichtet – Washington wollte dies jedoch nicht bestätigen.

Bizarre Gerichtsverhandlung endet mit Freilassung

Brunson lebt seit mehr als 20 Jahren in der Türkei und ist Pastor einer evangelikalen Gemeinde in Izmir. Nach dem versuchten Militärputsch im Jahr 2016 wurde er verhaftet. Die türkische Regierung warf ihm vor, die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen zu unterstützen. Gülen lebt in den USA und wird von der türkischen Regierung für den Putschversuch verantwortlich gemacht. Beide Organisationen gelten in der Türkei als terroristisch. Die Staatsanwaltschaft hatte Brunson außerdem Spionage vorgeworfen und eine 35-jährige Haftstraße für ihn gefordert. Verurteilt wurde er letztlich zu drei Jahren, einem Monat und 15 Tagen. Voll absitzen muss er die Strafe nun nicht.

Dazu trug auch der skurrile Verlauf des Prozesses bei, bei dem mehrere zentrale Zeugenaussagen zurückgezogen oder widerlegt wurden. Insgesamt drei der Zeugen widerriefen nach Angaben der Zeitung Hürriyet ihre Aussage, darunter etwa die Behauptung, ein syrisches Mitglied von Brunsons Gemeinde habe Bomben für Terroranschläge gebaut. Mehrere Zeugen verstrickten sich in Widersprüche. So sagte ein per Video zugeschalteter Zeuge, er habe von zwei anderen gehört, dass in Brunsons Gemeinde Mitglieder der PKK und der Gülen-Bewegung regelmäßige Gäste seien. Die beiden gaben jedoch kurz darauf den ersten Zeugen als ihre Quelle an. Dieser gestand daraufhin seine Verwirrung ein.

Beobachter hatten bereits im Vorfeld erwartet, dass das Gericht Brunsons Freilassung stattgeben werde, um eine ausgewachsene Wirtschaftskrise zu verhindern. Der Prozess läuft nun in seiner Abwesenheit weiter. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte wiederholt beteuert, auf die Gerichtsentscheidung keinen Einfluss zu haben, hatte jedoch in der Vergangenheit auch den Austausch von Brunson gegen Gülen vorgeschlagen.

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