Museen verbindet meist ihre Optik: Stellwände, Poster und Kurzfilme veranschaulichen eine bestimmte Thematik. Der Besucher bekommt alles in kleinen, leicht verständlichen Dosen serviert. Auch in der Berliner "Topographie des Terrors" ist das für gewöhnlich so. Großformatig dokumentiert die Einrichtung die Entstehungsgeschichte und die Verbrechen der Nationalsozialisten im Dritten Reich. An diesem Dienstagabend ist alles anders. Es ist der Eröffnungstag einer Online-Ausstellung zum christlichen Widerstand gegen die Nazis. Im Auditorium finden die Besucher keine Poster, Info-Tafeln oder Fernseh-Geräte – lediglich eine Hand voll Laptops.
Wenn die Zeitzeugen des NS-Regimes immer weniger werden, braucht es neue Mittel, um an die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte zu erinnern, findet Andreas Nachama, Direktor der Stiftung "Topographie des Terrors". Deshalb sollen sich die Besucher des Museums bis zum 5. August selbstständig durch die Informationen zum christlichen Widerstand klicken, statt Gänge abzuschreiten und Plakatwände zu begutachten. Die Online-Ausstellung "Widerstand!? Evangelische Christinnen und Christen im Nationalsozialismus" wurde der Öffentlichkeit erstmals im vergangenen November vorgestellt, damals im Rahmen der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Magdeburg. Nun will die "Topographie des Terrors" die für jeden Netznutzer zugänglichen Informationen und Dokumente nutzen, um seine Besucher gezielt durch den Einsatz Neuer Medien fortzubilden.
"Widerstand ist möglich"
Die von der EKD initiierte Ausstellung will das breite Spektrum widerständigen Handelns von Christen im Dritten Reich zeigen. Nutzer können sich durch die Biographien von Christen klicken, die den Wehrdienst verweigert, Juden versteckt oder die Wahl der NSDAP abgelehnt haben. Dabei soll es nicht nur um Größen wie Dietrich Bonhoeffer oder Martin Niemöller gehen. Auch eher unbekanntere Gestalten, wie die ehemalige Berliner Lehrerin Elisabeth Schmitz, die im Vorstand der Gemeinde der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche war, Kontakt zur Bekennenden Kirche hatte und in ihrer Wohnung verfolgte Juden versteckte, soll die Ausstellung in Erinnerung rufen. Neben zahlreichen Protestanten zeigt die 700 Ausstellungstafeln umfassende Präsentation auch einzelne Katholiken, etwa den Pater Rupert Meyer. Begleitend veranstaltet die "Topographie des Terrors" Seminare zum Thema, etwa zu Niemöller und der Bekennenden Kirche oder zum katholischen Widerstand.
"Die Widerständigen waren leider wenige. Sehr wenige", betonte Staatssekretär André Schmitz bei der Eröffnung der Ausstellung in Berlin. Selbst das Handeln der Bekennenden Kirche sei oft eher auf das eigene Bestehen, denn auf den Schutz der Juden gerichtet gewesen. Vor allem der Einsatz einzelner Christen zeige: "Widerstand ist möglich und eine menschliche Haltung notwendig." Die Pröpstin der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), Friederike von Kirchbach, erklärte, es brauche Menschen, die das Erinnern an den Widerstand wach halten. Bei der Vergangenheitsbewältigung gehe es nicht um die Einteilung in Gut-Böse-Schemata. Am Ende sei die Vergebung Gottes entscheidend. (pro)