Sudan. Das Land kommt nicht zur Ruhe. Hoffnungsvoll schauten die Menschen 2011 auf das Referendum, das zu einer Teilung in den muslimischen Norden, den Sudan, und den überwiegend christlichen Südsudan führte, die sich zuvor über Jahrzehnte hinweg blutige Kämpfe geliefert hatten.
Doch in beiden Ländern toben neue Konflikte. Ende April hörten wir von hunderten Toten bei Kämpfen in Khartum, der Hauptstadt des Sudan. Den Südsudan stürzten 2013 Rebellengruppen in einen Bürgerkrieg, der bis 2018 anhielt, noch heute erschüttern immer wieder Gewalttaten das Land.
Im Februar hatte ich die Gelegenheit, das Land zu besuchen. Unser Gastgeber, Daniel, führt uns auf ein verwildertes Areal, zwanzig, dreißig Häuser stehen leer. Hier lebten nach dem Ende des Bürgerkriegs Mitarbeiter einer norwegischen Hilfsorganisation, die mit schwerem Gerät Waldgebiete von Landminen beräumten. Heute steht das Gelände leer. Ein defektes Kettenfahrzeug, ein „MineWolf“, ist stehengeblieben, es wirkt wie ein Mahnmal. Landminen sind eine besonders perfide Waffe, hauptsächlich Zivilisten fallen ihnen zum Opfer, ganze Landstriche können nicht bewirtschaftet werden.
„Das ist prophetisch, Bruder“
Daniel ist Leiter des Emanuel Christian College in der Nähe der Stadt Yei. 2018 überfielen Soldaten die Hochschule, weil sie hier Rebellen vermuteten, sie schossen willkürlich auf unbewaffnete Studierende und Mitarbeiter, zehn von ihnen kamen ums Leben. Die Schule musste vorübergehend geschlossen werden.
Hinter einem der verlassenen Häuser der Minenräumer liegt Buschwerk. Mit der Machete entfernt, wurde es achtlos an die Seite geworfen. Zwei Jahre schon liegt es dort. Mit fällt eine pralle rote Blüte ins Auge. Die toten Zweige treiben Blüten.
Ich zeige sie Daniel, der gerät ins Schwärmen: „This is prophetic, brother. Das ist prophetisch, Bruder.“ Daniel erkennt sich wieder in diesem Bild, sich selbst, das Flüchtlingskind, sein Volk und sein Land: Sie sind entwurzelt, vertrieben, verarmt, ganze Dörfer und Felder zerstört – und doch sind die Menschen hier lebendig, pulsierend, hoffnungsvoll. „This is what God can do – das ist, was Gott tun kann.“
Was für eine lebendige Hoffnung. Daniel ist gut ausgebildet. Seine Familie lebt in Kenia, wohin sie geflohen ist, als Daniel noch ein Kind war. In Kenia gibt es gute Schulen und Hochschulen. Es ist sicherer. Auch Daniel, der einen Abschluss in Wirtschaft und einen Master in Theologie gemacht hat, hätte in Kenia eine gute Stelle gefunden.
Doch das ist nicht seine Berufung. Er lebt, was er mir an der Blüte erklärt: Daniel glaubt, dass Gott den Südsudan zum Blühen bringen wird. Darum ist er in seine Heimat zurückgekehrt. Das College ist für ihn ein Hoffnungszeichen. „Wenn wir junge Menschen gut ausbilden, dann können sie das Land aufbauen. This is what God can do.“
Uwe Heimowski ist Leiter der christlich-humanitären Hilfsorganisation Tearfund. An dieser Stelle schreibt er einmal im Monat darüber, was er mit Menschen aus aller Welt erlebt.