Thilo Sarrazin erklärt sich in neuem Buch

Die nach Deutschland eingewanderten Muslime sind weniger gebildet, leben vom Sozialstaat und erobern Deutschland durch eine hohe Geburtenrate. Dies sind die Thesen des ehemaligen Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin. Regelmäßig sorgt er damit für heftige Diskussionen. Nun erklärt sich der umstrittene SPD-Politiker in einem Buch.
Von PRO

Thilo Sarrazin, Mitglied des Vorstandes der Bundesbank, hat in den vergangenen Jahren mehrmals für heftige öffentliche Debatten gesorgt, wenn er seine Meinung über Integration von Muslimen, Kündigungsschutz oder "Hartz IV" kundtat. So prangerte er etwa im September vergangenen Jahres in einem Interview mit der Zeitschrift "Lettre International" die Integrationsunwilligkeit und -unfähigkeit arabischer und türkischer Einwanderer in Berlin an. Er sagte unter anderem: "Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert." Die Türken "eroberten" Deutschland ebenso wie "die Kosovaren das Kosovo": durch eine höhere Geburtenrate.

Sarrazins Interview führte fast zu einem Ausschluss aus der SPD, der Antrag wurde jedoch abgelehnt. Es wurden zudem Anzeigen wegen Volksverhetzung erstattet. Bundesbankpräsident Axel Weber forderte Sarrazin zum Rücktritt auf. Doch der umstrittene Politiker erhielt auch Rückendeckung, etwa von Hans-Olaf Henkel, Ralph Giordano, der Sozialwissenschaftlerin und Frauenrechtlerin Necla Kelek oder Altbundeskanzler Helmut Schmidt. Letzterer erklärte, er stimme Sarrazins Thesen im Wesentlichen zu, jedoch hätte er sich an dessen Stelle "tischfeiner" ausgedrückt und Wörter wie "Kopftuchmädchen" vermieden.

"Deutschland wird wegen der Türken immer dümmer"

Im Mai 2009 spaltete Sarrazin erneut die Meinungen, als er in einem Interview mit dem Magazin "Stern" sagte: "Hartz-IV-Empfänger sind erstens mehr zu Hause; zweitens haben sie es gerne warm, und drittens regulieren viele die Temperatur mit dem Fenster." Bei einer anderen Gelegenheit vor zwei Monaten sagte der 65-Jährige: "Deutschland wird auf natürlichem Weg immer dümmer." Der Grund: Zuwanderer "aus der Türkei, dem Nahen und Mittleren Osten und Afrika" wiesen weniger Bildung auf als Migranten aus anderen Ländern.

Nun erklärt sich Sarrazin in dem Buch "Deutschland schafft sich ab. Wie wir unser Land aufs Spiel setzen", das am 30. August bei der Deutschen Verlags-Anstalt erscheint. Auch hier kritisiert er scharf die deutsche Sozial-, Bildungs- und Einwanderungspolitik. "In Deutschland arbeitet ein Heer von Integrationsbeauftragten, Islamforschern, Soziologen, Politologen, Verbandsvertretern und eine Schar von naiven Politikern Hand in Hand und intensiv an Verharmlosung, Selbsttäuschung und Problemleugnung", heißt es in dem Buch, aus dem das Magazin "Der Spiegel" in seiner aktuellen Ausgabe auf fünf Seiten einen Auszug abdruckt.

Deutschland befinde sich "in der Spätphase eines goldenen Zeitalters, das um 1950 begann und langsam zu Ende geht", so Sarrazin. Vor allem warnt er vor einer Gefahr der  Zuwanderung muslimischer Menschen. Er wolle nicht, "dass wir zu Fremden im eigenen Land werden", schreibt Sarrazin. Er fügt hinzu: "Jeder, der bei uns etwas kann und anstrebt, ist willkommen; der Rest soll woanders hingehen."

Sarrazin schreibt weiter: "Demografisch stellt die enorme Fruchtbarkeit der muslimischen Migranten eine Bedrohung für das kulturelle und zivilisatorische Gleichgewicht im alternden Europa dar." Für ihn sei es wichtig, "dass Europa seine kulturelle Identität als europäisches Abendland und Deutschland seine als Land mit deutscher Sprache wahrt (…). Soweit Immigration stattfindet, sollten die Migranten zu unserem Profil passen beziehungsweise sich im Zuge der Integration anpassen." Er wünsche sich, dass seine Enkel und Urenkel nicht in einem Land leben, das zu großen Teilen muslimisch ist, und in dem "über weite Strecken Türkisch und Arabisch gesprochen wird, die Frauen ein Kopftuch tragen und der Tagesrhythmus vom Ruf der Muezzine bestimmt wird".

Kritisiert Mischung aus Islam und Tradition

Sarrazin ist überzeugt: "Bleibt die Fertilitätsrate der deutschen, autochtonen (Autochton = ursprüngliche Bevölkerung eines Gebietes, d. Red.) Bevölkerung dort, wo sie seit 40 Jahren liegt, dann wird im Verlauf der nächsten Generation die Zahl der Deutschen auf 20 Millionen sinken. Im Übrigen ist es absolut realistisch, dass die muslimische Bevölkerung durch eine Kombination von hoher Geburtenrate und fortgesetzter Einwanderung bis 2100 auf 35 Millionen wachsen kann."

Unter der muslimischen Bevölkerung gebe es jedoch eine unterdurchschnittliche Erwerbsbeteiligung". "Nur 33,9 Prozent von ihnen beziehen ihren überwiegenden Lebensunterhalt aus Berufs- und Erwerbstätigkeit. Bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund sind es 43 Prozent." Die Ausbildung der Einwanderer sei im Durchschnitt schlechter als bei den genuin deutschen Bevölkerung. Und diese Probleme der muslimischen Migranten bleibe über die Generationen hinweg bestehen, so Sarrazin.

Einen Grund an mangelnden Erfolgen bei der Integration sieht der Politiker in der "Mischung aus islamischer Religiosität und traditionellen Lebensformen". Eine mangelhafte Emanzipation der Frau sowie ein "besonderer Kinderreichtum" seien etwa Folgen davon. Es bedürfe in seinen Augen nicht viel für ein Gelingen von Integration, so Sarrazin: "Es reicht aus, dass Muslime unsere Gesetze beachten, ihre Frauen nicht unterdrücken, Zwangsheiraten abschaffen, ihre Jugendlichen an Gewalttätigkeiten hindern und für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen. Darum geht es." (pro)

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