Die alljährlichen „Theologischen Tage“ an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg stehen dieses Mal unter dem Titel „Deus Ex Machina“ – Gott aus der Maschine. In Seminaren, Vorträgen und Diskussionsrunden lädt die Fakultät Theologen, Wissenschaftler, Studenten und Interessierte ein, sich mit den theologischen Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz zu beschäftigen.
Bereits in seinen Eröffnungsworten stellte Daniel Cyranka, Dekan der Theologischen Fakultät fest, dass Künstliche Intelligenz einerseits eine Herausforderung für die Theologie sei. Andererseits sei jeder Mensch, ob Theologe oder nicht, gefordert, sich den Ambivalenzen und Spannungen unserer Gesellschaft zu stellen. Wir lebten in einer Welt, in der „Eindeutigkeiten die Ausnahmen sind, Kompromisse dagegen die Regel“. Umso mehr müsse Theologie dabei als „akademischer Störfaktor“ fungieren. Ihre Aufgabe sei es, Grenzen zu bestimmen und festzulegen. Sie müsse einen Rahmen vorgeben.
Dirk Evers, Professor für Systematische Theologie, pflichtete Cyranka bei. Entscheidend sei, ob Kirche und Theologie dem Zeitgeist hinterher hinke oder selbstbewusst Fragen und Probleme angehe. Als eine dieser Fragen nannte Evers, was die Entwicklung Künstlicher Intelligenz für Martin Luthers Aussage bedeute: „Wir sollen Menschen und nicht Gott sein.“
Maschinen mit Bewusstsein nicht unmöglich
In einem Fachvortrages machte der Informatikprofessor Ulrich Furbach deutlich, dass das Ziel des technischen Fortschritts ein Miteinander von Künstlicher Intelligenz und Menschheit sein müsse, kein Gegeneinander. Eine wichtige Aufgabe der Informatiker sieht Furbach darin, neben der Öffentlichkeit auch die Politik über Künstliche Intelligenz aufzuklären. Denn an Expertise mangele es bei Entscheidungsträgern häufig. So kritisierte er die Forderung von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt im Hinblick auf autonomes Fahren „klare Leitlinien für Algorithmen“ festzulegen.
Denn schließlich wisse man nicht genau, warum ein System manche Entscheidungen so oder so treffe. Weiterhin handele es sich bei Künstlicher Intelligenz nicht einfach nur um Algorithmen. Es sei also nicht möglich solche Richtlinien festzulegen. Auch der zum autonomen Fahren einberufenen Ethikkommission versteht nach Ansicht Furbachs die Fähigkeiten solcher selbst lernenden Systeme nicht ausreichend. Informatikexperten säßen keine in solchen Gremien. Dass Künstliche Intelligenz auch einmal ein Bewusstsein brauche, sei eine große Herausforderung, allerdings nicht unmöglich.
Roboter als wichtige Hilfe in der Pflege
Der Pflegeforscher Patrick Jahn betonte in seinem Vortrag, den er gemeinsam mit dem Roboter Thea hielt, dass Pflegeroboter den Menschen in naher Zukunft nicht ersetzen werden. Roboter wie Thea könnten einzelne pflegerische Funktionen übernehmen, etwa Behandlungsmethoden erklären. Andere Systeme könnten Emotionen erkennen und drauf reagieren. Eine Interaktion mit dem Patienten finde aber immer in einem vorher programmiertem Rahmen statt. Obwohl Roboter heute noch sehr eingeschränkte Fähigkeiten hätten, seien sie als unterstützende Hilfe in Krankenhäusern oder auch zu Hause sehr wichtig.
Im Hinblick auf den demografischen Wandel in Deutschland stelle sich die Frage, wie man weiterhin eine pflegerische Versorgung aufrecht erhalten könne. Roboter würden dabei eine tragende Rolle spielen. Deswegen sei es wichtig, sich neben Entwicklungsfragen auch mit jetzigen und kommenden Herausforderungen zu beschäftigen. So müsse beispielsweise die Würde und Privatsphäre des Patienten gewährleistet sein.
Die Theologischen Tage 2019 werden von den Instituten der Systematische Theologie und der Praktischen Theologie organisiert. Sie finden jedes Jahr im Januar statt.
Von: Martin Schlorke