230 Synodale, bestehend aus Bischöfen, Gläubigen und Vertretern verschiedener Berufe in der Kirche, haben sich bis Samstag Gedanken über die Zukunft der Katholischen Kirche gemacht. Auslöser für den Prozess war die Aufarbeitung des Missbrauchsprozesses. pro hat sich angeschaut, wie die Medien und öffentliche Vertreter die ersten Ergebnisse dieses Synodalen Wegs bewerten.
In einem Kommentar auf tagesschau.de vergleicht Anja Würzberg, Journalistin des Norddeutschen Rundfunks, die Synodalversammlung mit einer „lang überfälligen Ehetherapie zwischen Klerikern und Kirchenvolk“. Ebenso wie in einer solchen Therapie würden nun Dinge angesprochen, die „jahrelang heruntergeschluckt und hingenommen“ wurden – im Falle der Katholischen Kirche sei das eine ganze Menge.
Reformprozess ohne Erfolgsgarantie
In ihrem Kommentar stellt sie fest, dass „Frust und Wut aus der frömmsten Mitte“ kämen. Vor allem der sexuelle Missbrauch in der Kirche sei ein wichtiges Thema. So belegten Studien, dass strukturelle Gründe den Missbrauch begünstigen. Diesen Gründen werde nun nachgegangen.
Insgesamt ist Würzberg verhalten optimistisch. So gebe es Bischöfe, die sich gegen diese „Therapie“ sträubten. Daher müsse man sich bewusst sein, dass dieser „Reformprozess“ ohne Erfolgsgarantie begonnen hat.
Optimistisch schaut Benjamin Lassiwe, Korrespondent des Generalanzeigers, auf die Synodalversammlung. Der begonnene Weg könne ein „wichtiger Neuanfang“ für Deutschlands Katholiken sein. Laien und Bischöfe seien sich auf Augenhöhe begegnet. Das könne dazu beitragen, die „tiefe Vertrauenskrise der katholischen Kirche“ zu überbrücken. Gedanken müsse sich die Kirche allerdings über das Desinteresse der jungen Menschen an solchen Debatten machen, schreibt Lassiwe.
Als „beeindruckend“ bezeichnete Klaus Hofmeister aus der Kirchenredaktion des Hessischen Rundfunks den Synodalen Weg. Aus seiner Sicht ist das „Experiment“ gelungen. Trotzdem gibt er zu bedenken, dass die Bewährungsprobe noch ausstehe. Obwohl noch kein einziger Beschluss gefasst sei, habe man bereits einen „Blick auf die Zukunft“ der Kirche werfen können. Diese Zukunft könne „hierarchiefrei, auf Augenhöhe, ohne die üblichen Inszenierungen von Macht und patriarchaler Arroganz“ sein.
Freiere, aber auch weniger verbindliche Debatte
Matthias Drobinski stellt in der Süddeutschen Zeitung eine ungewohnte Offenheit der Kirche gegenüber Reformwünschen fest. Weil sich der Synodale Weg nicht an klare kirchenrechtliche Vorgaben von Synoden halten müsse, habe dies für eine freiere, aber auch weniger verbindliche Debatte gesorgt. So sei offen über eine Öffnung des Zölibats, die Rolle der Frau und „weiterführende Antworten“ zum Thema Homosexualität debattiert worden. Im Gegenzug hätten die konservativen Redner vor zu viel Veränderung gewarnt.
Daniel Deckers zieht für die Frankfurter Allgemeine Zeitung eine positive Bilanz der ersten Zusammenkunft, „dieses der Form wie dem Inhalt nach weltweit einmaligen Ereignisses“. Er stellt eine Bereitschaft fest, „öffentlich nach Wegen und zu suchen, wie die Kirche an Glaubwürdigkeit gewinnen“ kann. Zudem sei der ökumenische und internationale Charakter der Synodalen Wegs durch zwanzig Beobachter aus den Kirchen benachbarter Länder sowie Kirchen anderer Konfession verkörpert worden.
Ein hoffnungsvoller Beginn
Innerhalb der Katholischen Kirche fällt das Fazit gemischt aus. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, betonte, dass man im gestarteten Reformprozess „einen guten Schritt vorangekommen“ sei. Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), sprach von einem zeitgerechteren Bild der Kirche. Beim tieferen Einstieg in die Themen werde es allerdings wohl schwieriger werden, Mehrheiten zu finden.
Die katholische Reformbewegung „Wir sind Kirche“ bezeichnete die erste Vollversammlung des Synodalen Weges als „hoffnungsvollen Beginn“. Der begonnene Prozess habe aber auch die Klippen dieses Reformkurses erahnen lassen, sagte ein Sprecher am Sonntag. Endlich lägen die Reformthemen offen auf dem Tisch: Macht, Pflichtzölibat, Sexualmoral und vor allem die Frauenfrage. An diesen Punkten wolle man bei drei weiteren Synodalversammlungen zu Ergebnissen kommen.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki äußerte gegenüber dem Domradio, dass „alle seine Befürchtungen eingetreten“ seien. Die Synodalversammlung stelle die hierarchische Ordnung der Kirche infrage. Hier sei „quasi ein protestantisches Kirchenparlament durch die Art der Verfasstheit und der Konstituierung dieser Veranstaltung implementiert“ worden. Einige dieser Entwicklungen halte er für „äußerst bedenklich“ – etwa, dass die Synodenversammlung Kompetenzen überschreite.
Von: Martin Schlorke und Johannes Blöcher-Weil