Am Sonntag ist es so weit: Der Super Bowl, das Endspiel des American Football, wird in Santa Clara, Kalifornien, ausgetragen. Im Pressetrubel des größten Sportereignisses der Welt, das zum 50. Jubiläum natürlich besonders zelebriert wird, treten wieder vermehrt die vielen gläubigen Spieler ins Scheinwerferlicht. Eine Analyse von Jörn Schumacher
In der Nacht zum Montag geht es um den 50. Super Bowl, das Endspiel des American Football
Es ist Mittwochmittag, anderthalb Wochen vor dem 50. Super Bowl, und bei einer Pressekonferenz lauscht eine riesige Journalistenmeute dem neuen Shootingstar des American Football: Cam Newton, gerade einmal 26 Jahre alt, scheint alle Regeln für einen guten Quarterback zu brechen. Anstatt den Ball wie üblich nur zu werfen und andere Spieler wie etwa Runningbacks laufen zu lassen, packt sich der Quarterback der Carolina Panthers oft selbst den Ball und springt, den Kopf voran, und allen Verletzungsgefahren zum Trotz, in die Bastion aus gegnerischen Spielern. Cam Newton sprengt nicht nur gute alte Footballregeln, er hat auch im Sturm die Herzen der Fans erobert. Denn vor allem ist er wahnsinnig erfolgreich.
Und er ist Christ. Bei der Pressekonferenz sagte er in die Kameras: „Ich möchte nicht über andere richten. Wir sind alle nicht perfekt. Es gab nur eine Person, die über diese Erde ging, die perfekt war. Und wir wissen alle, wer das war.“ Daraufhin setzte er sein unschlagbares Lächeln auf, das inzwischen zu seinem Markenzeichen geworden ist. Als man seinen Teamkollegen Luke Kuechly fragte, wie er seinen Quarterback nachmachen würde, antwortete er, man müsse eigentlich nur die Kapuze des Shirts über den Kopf ziehen und ein breites Grinsen aufsetzen. Schon zu Beginn seiner Karriere sagte Newton, er sehe sich als ein Instrument Gottes, und was er erreiche, erreiche er nur durch ihn.
Am Sonntag wird der Star-Spieler vor vielleicht 100 Millionen Menschen mit seinen Panthers gegen die Denver Broncos antreten. In deren Team spielt der „alte Herr“ und Rekord-Quarterback Peyton Manning. Auch er ist seit seiner Jugend Christ. „Ich habe mein Leben Christus gegeben, und seitdem ist der Glaube das Wichtigste in meinem Leben“, sagte er einmal. Es könnte am Sonntag das letzte Spiel für den fast 40-Jährigen werden, denn sein hohes Alter hat sich besonders in den letzten Spielen deutlich negativ bemerkbar gemacht. Seine Zeit geht zu Ende, die Generation der Cam Newtons übernimmt.
Auch nach Tim Tebow: Viele gläubige Quarterbacks
Der American Football scheint irgendwie eng mit dem christlichen Glauben verbunden zu sein, jedenfalls ist die Zahl der Spieler, die sich öffentlich als gläubig outen, hoch. Über die Grenzen Amerikas hinaus wurde vor einigen Jahren Tim Tebow bekannt, einst gefeierter NFL-Quarterback, nun eher in der zweiten Reihe wartend. Weil er häufig zum Beten ein Knie auf das Spielfeld setzte und mit seinem Glauben auch sonst nicht hinterm Berg hielt, wurde er zu einem der bekanntesten christlichen Sportlern weltweit. Sein „Tebowing“ wurde Kult und mehrfach nachgemacht.
Auch Kurt Warner, legendärer, aber inzwischen in den Ruhestand verabschiedeter Quarterback der Arizona Cardinals, ist für seine Zugehörigkeit zu den Evangelikalen in den USA bekannt – und Vorbild für viele. In der aktuellen, zu Ende gehenden Saison standen ebenfalls mehrere Quarterbacks im Scheinwerferlicht, die von sich öffentlich sagen, sie seien Christen. Aaron Rodgers von den Greenbay Packers etwa sagt über sich, sein Lebensmotto sei ein Wort von Franz von Assisi: „Predige das Evangelium jederzeit. Wenn nötig, auch mit Worten.“ Ähnliche Bekenntnisse zum christlichen Glauben hört man von anderen Quarterbacks der NFL, darunter von den Miami Dolphins, den Cincinnati Bengals oder den Saint Louis Rams. Bibelzitate als Tattoos auf dem Bizeps sind keine Seltenheit.
Entwaffnen durch Freundlichkeit
Derzeit schwappt eine größere Welle der Football-Begeisterung auch nach Deutschland. Erstmals sendete ein Verband aus ProSieben Maxx und Sat.1 zahlreiche Footballspiele aus der Vorsaison und alle Spiele aus den Playoffs im deutschen Fernsehen. Die Einschaltquoten des „ran Football-Sonntags“ erreichten wöchentlich immer neue Rekordwerte, teilweise waren es bis zu 9 Prozent. Zu verdanken ist das auch einem frischen Moderatorenteam, das es wie kaum jemand anderes im deutschen Fernsehen versteht, die Zuschauer mit einem immer aktuellen heißen Draht ins Internet ernstzunehmen und einzubinden. Bei Twitter gehört seit dem Saisonstart 2015 „#ranNFL“ zu den meistgenannten Hashtags in Deutschland.
Begeistert berichtete ran.de neulich über Larry Fitzgerald, den Wide Receiver von den Arizona Cardinals. Fitzgerald, der einer Bibellesegruppe seines Teams angehört, seinen christlichen Glauben aber ansonsten nach eigener Aussage nicht wie eine Monstranz vor sich hertragen möchte, gehört zur Elite der NFL. Vor allem aber fällt er durch seinen ungewöhnlichen, respektvollen Umgang mit den anderen Spielern auf. „Er fragt Dich auf dem Feld, wie es Deiner Familie geht“, wird ein Spieler der Washington Redskins zitiert. „Und direkt danach zerstört er Dich mit einer 70-Yard-Bombe.“ Während das gegenseitige Beschimpfen eigentlich zum guten Ton auf dem Football-Feld gehört, wird man von Fitzgerald diesen so genannten „Trash Talk“ nie hören, berichtet ran.de. Er entwaffne seine Gegner vielmehr mit Nettigkeiten. Cornerback Desmond Trufant von den Atlanta Falcons sagt: „Der Typ kennt meine ganze Familie, also hatte er nach ihnen gefragt. Dieses ganze nette Gerede hat mich komplett aus dem Konzept gebracht. Ich versuche mich zu fokussieren und er ist einfach nur nett zu mir.“ Ein Defensive Back der Pittsburgh Steelers gibt zu Protokoll: „Larry merkt sich Geburtstage, Jahrestage, einfach so. Es gibt Geschichten von Jungs, die bekommen ein Geschenk.“ Fitzgerald selbst sagt dazu: „Ich werde zwar auf dem Feld blöd angemacht. Aber dann sage ich in der Regel nichts. Ich versuche einfach nur respektvoll gegenüber dem Spiel und meinen Gegnern zu sein.“
Wie ein Footballspiel Christen als Beispiel dienen kann
Natürlich gehören auch im Football Dankesgesten in Richtung Himmel nach einem erfolgreichen Touchdown wie in jedem anderen Sport dazu. Doch mit der Begeisterung für den American Football schwappt vielleicht auch ein Bild nach Deutschland, das einen tiefgläubigen Sportler zeigt, der seinen Glauben nicht nur mit Worten, sondern auch im Verhalten bezeugt. Wer genauer hinsieht, erkennt in dem Sport, der auf den ersten Blick nur wie ein dumpfes Niederstrecken großer starker Männer aussieht, ein ausgeklügeltes Taktikspiel; American Football ist eine der komplexesten Sportarten.
Teamgeist ist im Football nicht nur ein Teil der Strategie, sondern das Zentrum. Und somit kann ein Footballteam geradezu als Beispiel für Christen dienen: Was hier über Leiterschaft gelernt werden kann und die Bedeutung, sich auf andere verlassen zu können, und was es heißt, alles zu geben, kann und darf gerne noch bekannter werden in Deutschland.
Übrigens: Der Film „Blind Side“, der Sandra Bullock einen Oscar als beste Hauptdarstellerin bescherte, und der auch hierzulande ein großes Publikum fand, zeigt das Bemühen einer christlichen Familie um einen obdachlosen schwarzen Jungen, der später erfolgreicher Offensive Tackle wird. Eben jener Michael Oher (im Film dargestellt vom Schauspieler Quinton Aaron) ist mittlerweile fester Bestandteil des Offense-Teams der Carolina Panthers. Am Sonntag wird Oher mit auf dem Feld stehen, wenn es um die begehrte Vince-Lombardi-Trophy geht. Neben dem alten Peyton Manning und dem jungen Cam Newton. Vielleicht kniet er sich ja mit den anderen gläubigen Spielern vor dem Kickoff aufs Feld und betet mit ihnen. (pro)
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