Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hält es für möglich, die Sterbehilfe noch vor der nächsten Bundestagswahl gesetzlich neu zu regeln.
„Ich halte es für machbar, dass wir noch in dieser Wahlperiode über Gruppenanträge im Bundestag Regelungen zum Thema Suizidhilfe schaffen“, erklärte die Politikerin nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur (dpa) gegenüber der „Rheinischen Post“ vom Freitag.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte Ende Februar das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe für verfassungswidrig erklärt. Die Richter kippten das seit Dezember 2015 bestehende Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe – es verletze das Recht des Einzelnen auf selbstbestimmtes Sterben. Dabei hat „geschäftsmäßig“ nichts mit Geld zu tun, sondern bedeutet „auf Wiederholung angelegt“. Das Gericht hatte mit seinem Urteil die Tür für organisierte Angebote zur Sterbehilfe in Deutschland weit aufgestoßen.
Spahn: „Regelung muss Gewissensentscheidung bleiben“
Es geht um die sogenannte assistierte Sterbehilfe – dabei wird das tödliche Medikament nur zur Verfügung gestellt, der Patient nimmt es selbst ein. Aktive Sterbehilfe – also Tötung auf Verlangen, etwa durch eine Spritze – bleibt verboten.
Das Verfassungsgericht hatte zudem die Möglichkeit des Gesetzgebers herausgestellt, Sterbehilfe zu regulieren – denkbar sind etwa Beratungspflichten und Wartefristen. „Deshalb sind die Abgeordneten des Deutschen Bundestags jetzt gefordert, eine neue Regelung schaffen“, sagte Lambrecht. „Wie das Thema Suizidhilfe gesetzlich geregelt wird, muss eine Gewissensentscheidung frei von Fraktionsdisziplin bleiben.“ Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte schon Gespräche über mögliche Neuregelungen angekündigt.
Ministerin: „Suizid darf keine gesellschaftliche Normalität werden“
Lambrecht sagte, sie sei persönlich davon überzeugt, dass der assistierte Suizid keine gesellschaftliche Normalität werden dürfe. „Alte und pflegebedürftige Menschen haben ein Recht auf Pflege, Begleitung und Zuwendung. Sie dürfen keinesfalls das Gefühl haben, dass sie ab einer gewissen Pflegebedürftigkeit die Suizidhilfe in Anspruch nehmen müssten“, sagte die Ministerin.
Katholische und Evangelische Kirche hatten auf das Verfassungsgerichtsurteil besorgt reagiert. „Das Urteil stellt einen Einschnitt in unsere auf Bejahung und Förderung des Lebens ausgerichtete Kultur dar“, teilten der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, in einer gemeinsamen Erklärung mit. Sie kündigten an, sich weiterhin dafür einzusetzen, dass „organisierte Angebote der Selbsttötung in unserem Land nicht zur akzeptierten Normalität werden“.
Von: dpa