Der Deutsche Bundestag soll ein Gesetz auf den Weg bringen, um Selbsttötungen vorzubeugen. Dies fordert der Deutsche Hospiz- und Palliativverband (DHPV) und die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS). Die Prävention müsse in den Mittelpunkt gerückt werden: „Bevor wir überhaupt eine gesetzlich geregelte Suizidbeihilfe diskutieren oder gar zu deren Umsetzung bundesweite Beratungsstellen in Betracht ziehen, muss dringend die Suizidprävention gestärkt werden“, fordert der Vorsitzende des DHPV, Winfried Hardinghaus, in einer am Donnerstag veröffentlichten Pressemitteilung.
Der gemeinsame Vorschlag solle bundesweit die Grundlagen und Rahmenbedingungen für Angebote der Suizidprävention schaffen: Mehr Aufklärung über Suizid, niedrigschwellige Beratungsangebote oder auch Suizidprävention als Pflichtthema in Aus- und Weiterbildungen.
„Sowohl die Unterstützung des Einzelnen in dieser Not als auch die Suizidprävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe benötigen ein verlässliches Fundament“, sagt Uwe Sperling, Vorstandmitglied der DGS. Der Bundestag müsse nun handeln und zügig ein tiefgreifenderes Gesetz zur Suizidprävention verabschieden.
Sterbehilfe im Bundestag ein Thema
Hintergrund des Appells der beiden Verbände ist die anstehende Neuregelung der Beihilfe zum Suizid, nachdem das Bundesverfassungsgericht das Verbot organisierter, sogenannter geschäftsmäßiger Hilfe beim Suizid kassiert hatte. Das Parlament ist daher aufgefordert, gesetzlich zu regeln, inwiefern etwa Ärzte Sterbewilligen tödlich wirkende Medikamente überlassen dürfen.
Es liegen aktuell zwei Gesetzesvorschläge dazu vor. Eine Gruppe von Abgeordneten will Ärzten erlauben, die todbringenden Substanzen zu verschreiben, wenn eine Beratung in staatlich finanzierten Beratungsstellen vorausgegangen ist, die sicherstellt, dass der Sterbewunsch wirklich der freie Wille des Betroffenen ist. Eine andere Gruppe will hingegen erneut den Versuch unternehmen, bestimmte Formen der Suizidassistenz zu verbieten und die Hilfe zur Selbsttötung nur in engen Grenzen zu erlauben.
Bevor es um die Sicherstellung von Beratungen im Rahmen einer gesetzlich geregelten Suizidbeihilfe gehen könne, müsse die Prävention von Suizid sichergestellt werden, verlangt Hardinghaus. Die Verbände fordern unter anderem eine bundesweit einheitliche Telefonnummer für Menschen mit Selbsttötungsgedanken. Betroffene sollen schnelle und praktische Hilfe erhalten.
Laut den Verbänden nimmt sich in Deutschland jede Stunde ein Mensch das Leben. 2020 starben 9.206 Menschen durch Suizid, drei Viertel von ihnen waren Männer. 100.000 Menschen unternahmen 2020 einen Suizidversuch. Im Durchschnitt sind die Männer und Frauen, die sich das Leben nehmen, knapp 60 Jahre alt.
Sollten Sie selbst von Suizidgedanken betroffen sein, suchen Sie sich umgehend Hilfe. Bei der anonymen Telefonseelsorge finden Sie rund um die Uhr Ansprechpartner unter: 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222.