Meinung

Warum diese Serie einen Christen nicht kalt lässt

Wer wird an der Spitze eines riesigen Medienunternehmens stehen, wenn der Senior abtritt? Um diese Frage dreht sich die hoch gelobte Serie „Succession“. Ein Drama über eine Familie, der man nichts mehr wünscht als den Frieden Gottes.
Von Jonathan Steinert
Serie „Succession“, Sky/HBO

In dieser Woche lief das Finale der Erfolgsserie „Succession“ des amerikanischen Senders HBO. In Deutschland ist sie bei Sky zu sehen. Von Kritikern wurde sie in höchsten Tönen gelobt, ihr Ende mit Bedauern quittiert. „Spiegel Online“ etwa titelte: „Hilfe, die beste Serie unserer Zeit endet“.

Worum es geht, ist schnell erklärt: Um den achtzigjährigen, millionenschweren Medienunternehmer Logan Roy, seine Kinder und die Frage, wer einmal das Medienimperium des Seniors übernimmt.

Die Frage der Nach- und Erbfolge (engl. „succession“) trägt die kompletten vier Staffeln. Denn der dominante Vater versagt darin, diese Frage mit seinen Kindern vernünftig zu klären. Außer dem ältesten Sohn, der lieber Präsident der USA werden will, schielen die anderen zwei Söhne und die Tochter darauf, einmal an der Spitze der Firma zu stehen. Jedem hat der Vater schon einmal mehr oder weniger ernsthaft gesagt, dass er sie oder ihn dort sehen würde.

Aber gleichzeitig scheint er es keinem wirklich zuzutrauen und sie allesamt für Versager zu halten. Die Kinder haben ein zumindest gestörtes Verhältnis zu ihm, eine Art Hassliebe. Sie definieren sich über ihr Verhältnis zum Vater und ihrer Rolle als Stimmberechtigte im Vorstand. Sie verehren ihn für das, was er aufgebaut hat, sie hassen ihn für seinen Umgang mit ihnen. Sie kämpfen darum, sich zu lösen, aber sind gleichzeitig von ihm abhängig und suchen seine Nähe, um sich für die Position an der Spitze zu empfehlen und in Stellung zu bringen.

Das Ganze führt zu Intrigen und immer wieder wechselnden Fronten und Allianzen zwischen den Geschwistern, führenden Mitarbeitern des Unternehmens, dem Vater, und der von ihm geschiedenen Mutter der Kinder. Als Logan Roy (Achtung, Spoiler!) in der vierten Staffel tatsächlich stirbt, ist die Rat- und Sprachlosigkeit groß – nur um weitere Intrigen und Vertrauensbrüche nach sich zu ziehen.

Schrei nach Liebe

Das Faszinierende an „Succession“ ist, wie geradezu nüchtern und unspektakulär die ganze Familienmisere psychologisch durchleuchtet wird. Wie in den Dialogen, von denen kaum einer ohne sexuelle Anspielungen auskommt, die ganze seelische Leere der Figuren, ihre Oberflächlichkeit und ihre Verletzungen deutlich werden.

Alles, was die erwachsenen Kinder tun, scheint ein einziger Schrei nach Anerkennung, Wertschätzung und Liebe zu sein, die sie von ihrem Vater nicht erhalten haben. Sie versuchen, sie sich mit Intrigen zu erkämpfen oder mit Härte und Leistung zu erarbeiten.

Die Serie ist absolut sehenswert, hervorragend gespielt und inszeniert, mit Spannungsbogen bis zum Schluss. Und es liegt eine tiefe Tragik darin. Als Logan Roy kirchlich bestattet wird, spricht der Pfarrer formelhaft vom Frieden Gottes. Was für eine Farce, denkt man sich, angesichts der in keiner Weise befriedeten familiären Beziehungen. Und gleichzeitig etwas, was man der Familie gar nicht genug wünschen kann.

Einen Frieden mit sich selbst und anderen, der daraus erwächst, dass Menschen sich von Gott geliebt und angenommen wissen – bedingungslos. Wie bedürftig Menschen danach sind, wird in „Succession“ offenbar.

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