Wissenschaftler an der Universität von Michigan und Forscher an der Universität von Montreal haben nachgewiesen, dass die Auswirkungen von Fernsehen auf Kleinkinder größer sind als bisher gedacht. Die Studienergebnisse sind Teil der Langzeitstudie über die Entwicklung von Kindern in der Provinz Quebec. Für die Untersuchung wurden die Daten von 1.300 Kindern ausgewertet. Dazu gaben die Eltern an, wie oft die Zweieinhalb- bis Fünfjährigen in der Woche fernsahen. Dabei stellte sich heraus, dass die Zweijährigen durchschnittlich neun Stunden in der Woche vor dem Bildschirm saßen, Vierjährige knappe 15 Stunden, also täglich mehr als zwei Stunden.
Als dieselben Kinder im Alter von zehn Jahren erneut untersucht wurden, sollten ihre Lehrer die schulischen Leistungen, das Verhalten in der Klasse und den Gesundheitszustand beurteilen. Die Kinder, die als Kleinkind länger vor der Flimmerkiste gesessen hatten, arbeiteten im Unterricht weniger mit, zeigten vor allem in Mathematik schlechtere Leistungen. Außerdem konsumierten sie mehr Limonade und Fastfood, bewegten sich weniger und hatten einen höheren Body-Maß-Index (BMI). Der BMI beschreibt das Verhältnis von Körpergröße zu Körpergewicht. Zehnjährige sollten laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung einen BMI zwischen 15 und 21 haben.
"Die frühe Kindheit ist entscheidend für die Entwicklung des Gehirns und die Ausformung des Verhaltens", kommentiert Linda Pagani, leitende Wissenschaftlerin der Universität of Montreal, die Ergebnisse in der Pressemitteilung. Jede zusätzliche Stunde Fernsehkonsum vor allem bei den Zwei- bis Vierjährigen könne die Entwicklung verzögern und später zu ungesunden Gewohnheiten und Verhaltensweisen führen. Kinder, die viel fernsehen, neigten zu einem eher sitzenden Lebensstil und zu ungesunder Ernährung.
Die Studienergebnisse hätten laut Pagani auch die Wissenschaftler erstaunt. Diese hätten erwartet, dass nach sieben Jahren die Auswirkungen des Fernsehens bei Kleinkindern verschwunden sein würden. Die Ergebnisse seien aber eindeutig und ein zwingendes Argument gegen zu viel Fernsehen in den ersten Jahren. Ähnliche Ergebnisse hatten Wissenschaftler der Universität in Washington bereits 2005 veröffentlicht (pro berichtete).
Experten raten daher dazu, dass Eltern ihre Vorschulkinder weniger fernsehen lassen und mehr Wert auf die Qualität der Sendungen legen. Außerdem sollten sie die Bewegung bei Kindern fördern. (pro)