Bei der Flutkatastrophe im Ahrtal vor drei Jahren wurden Medien nicht ausreichend informiert. Das ist ein Ergebnis einer Studie im Auftrag der Otto-Brenner-Stiftung zur Rolle von Journalisten bei der Ahrflut 2021. „Die Flut im Ahrtal 2021 erreichte auch deshalb so katastrophale Ausmaße, weil Medien unzureichend in die Krisenkommunikation eingebunden wurden“, lautet es in der Kurzfassung der Studie, die am Mittwoch vorgestellt wurde.
Basis der Studie sind Gespräche mit zehn betroffenen beziehungsweise dort helfenden Personen und zehn Journalisten aus dem Frühjahr 2023. Die Studie verknüpft qualitative Interviews und gleicht sie mit den tatsächlich publizierten Inhalten ab. Für die Betroffenen war es demnach wichtig, dass die Medien kontinuierlich und sachgerecht berichten und Informationen überprüfen.
In der Flutnacht sei es weder gelungen, dass die Behörden die Bevölkerung warnen noch, dass die Medien die Bevölkerung informieren. Die Studie kommt zu dem Fazit, „die bedeutsame Rolle von Medien im Krisenverlauf nicht länger zu unterschätzen“ und sich diese als einen Faktor „gesellschaftliche ‚Krisenintelligenz‘“ für künftige Krisen nutzbar zu machen.
Fehler in der Warnkette
Durch Fehler in der Warnkette waren Medienhäuser zum Teil zu spät oder gar nicht über die bevorstehende Flut informiert. Für künftige Katastrophen sollen Journalisten in Krisen- und Sicherheitstrainings – auch für ethische Fragen – geschult und besser in die behördliche Krisenkommunikation eingebunden werden. Die Rolle des Journalisten in Krisengebiet sehen Fluthelfer und Journalisten unterschiedlich.
Die Betroffenen vor Ort hätten sich Journalisten gewünscht, die mit anpackten. Vielen Befragten sei nicht klar gewesen, dass die Rolle des Berichterstatters Vorrang habe. Medien sollten vor allem ihre Funktion in eine Krise erklären und aktiv die Medienkompetenz ihres Publikums erhöhen. Es gehe auch darum, mehr Grundwissen über die Arbeitsweise der Medien und die Funktion von Berichterstattung zu vermitteln.
„Kritisieren, was schief läuft“
In den Redaktionen selbst sollten für den Krisenfall Task Force-Teams eingerichtet werden, empfiehlt die Studie. Die Journalisten sollten sich mit offiziellen Warnsystemen auskennen, krisenerfahren sein und mit einem klaren Aufgabenbereich arbeiten.
Die Betroffenen und Helfer wünschen sich mehr Mitgefühl und eine stärkere Thematisierung von Emotionen in der Berichterstattung. Dies soll sensibel und nicht voyeuristisch erfolgen. Journalisten sollten aber auch kritisieren, was schief läuft, und aufdecken, wenn etwas vertuscht werden soll. Dabei komme es auf eine konstruktive Arbeitsweise an, die mehrere Sichtweisen aufzeige, die nicht bei allen Medien vor Ort vorhanden gewesen sei.
Erstellt wurde die Studie von den drei Forscherinnen Marlis Prinzing (Macromedia Hochschule Köln), Mira Keßler (Doktorandin an der RuhrUniversität Bochum) und Melanie Radue (Universität Passau). Die Langfassung der Studie soll voraussichtlich im August erscheinen.