Studie über den „Osten in den Medien“

Die Medien berichten tendenziell eher negativ über Ostdeutschland. Das geht aus einer Auswertung von Millionen Presseartikeln für eine MDR-Dokumentation hervor. Der Beitrag „Es ist kompliziert… – Der Osten in den Medien“ läuft am Donnerstagabend um 20.15 Uhr im MDR.
Von Johannes Blöcher-Weil
Pegida-Demonstranten haben im vergangenen Jahrzehnt das Bild in den Medien über den Osten geprägt

Negative Begriffe über Ostdeutschland sind in Presseartikeln seit 1990 stark überrepräsentiert. Das ergab die Auswertung von über 311 Millionen Presseerzeugnissen für diesen Zeitraum. Die Daten haben Wissenschaftler der Universität Leipzig für eine mitteldeutsche Produktionsfirma erhoben. Sie sind unter mdr.de abrufbar.

Ausgewertet wurden dafür auch Presseartikel rund um den 3. Oktober. Im Vordergrund stand die Frage, wie Ostdeutsche jeweils zu diesem Zeitpunkt charakterisiert wurden. Ein weiteres Produkt der Studie ist die Dokumentation „Es ist kompliziert … – Der Osten in den Medien“. Diese läuft am Donnerstagabend im MDR, ist aber auch in der ARD-Mediathek verfügbar.

Das Analyse-Team kommt laut Pressemitteilung zu dem Ergebnis, dass die zum Teil drastische „Überrepräsentanz von Begriffskombinationen Hinweise auf eine erhebliche Pauschalisierung in der Berichterstattung über ‚Ostdeutschland‘ liefert“. Es dominierten negative Zuschreibungen und Begriffe rechter Ideologien sowie von Machtlosigkeit und Benachteiligung.

SED-Staat als Auslöser für Ausländerhass?

Die 90-minütige Dokumentation analysiert mit Experten und Journalisten, wie und wann manche Zuschreibungen entstanden sind, welche Ereignisse sie geprägt haben und erörtert, wie sie bis heute wirken. Zu Wort kommen unter anderem Publizisten wie Hajo Schumacher und Hans Zippert.

Beim Blick in die Dokumentation falle auf, dass der Osten in den neunziger Jahren vor allem mit schmutzigen Themen wie Doping und Stasi in Verbindung gebracht wurde. Auf die Titelseiten der überregionalen Medien hätten es häufig Drama- und Schuldgeschichten geschafft. Zudem sei das Bild verbreitet worden, dass der SED-Staat die Saat für Ausländerhass bereitet hätten, heißt es in der Dokumentation.

Erst in den 2000er-Jahren sei so etwas wie ein Ost-Bewusstsein und eine „Ostalgie“ als neues Lebensgefühl entstanden. Aber auch hier seien oft die „falschen Themen“, wie Arbeitslosigkeit und Ausländerhass, im Fokus gewesen. Die 2010er-Jahre hätten das Bild von entmutigten Menschen mit skeptischen Blicken geprägt.

Journalistischer Diskurs erreicht nur ausgewählte Schichten

Dies sei vor allem für jene frustrierend gewesen, die für Pluralismus und gegen Stigmatisierung gekämpft hätten. Ein breiteres Korrespondenten-Netzwerk im Osten hätte dafür gesorgt, dass auch Ost-Themen in den Diskurs eingebracht wurden und viele Herabwürdigungen unterbunden werden konnten. Problematisch sei weiterhin, dass der journalistische Diskurs nur noch in bestimmten gesellschaftlichen Schichten stattfinde.

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